Serie Mein Verein Theaterspiel aus Leidenschaft

Viersen · Die Volksbühne Viersen zählt 31 aktive Mitglieder zwischen 20 und 73 Jahren. Die Ursprünge des Vereins reichen 248 Jahre zurück — zum Männerstammtisch in der Gaststätte von Jakob Görtz in Helenabrunn

 Der Vorstand der Volksbühne: Anke Bridonneau, Barbara Sahl-Viergutz , Gaby Klonisch (v. l. oben); Gabi Koepp, Stefan Holzapfel, Frank Leetz (v. l. unten).

Der Vorstand der Volksbühne: Anke Bridonneau, Barbara Sahl-Viergutz , Gaby Klonisch (v. l. oben); Gabi Koepp, Stefan Holzapfel, Frank Leetz (v. l. unten).

Foto: FRANZ-JÜRGEN MEIS

VIERSEN Die Volksbühne Viersen ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Traditionsverein. Vor 248 Jahren wurde am Männerstammtisch in der Gaststätte von Jakob Görtz in Viersen-Helenabrunn der "Theaterverein St. Helena" gegründet. Die Männer spielten Opern, Operetten, Schauspiel - und alle Frauenrollen, da erst der 1. Weltkrieg es erforderlich machte, dass Frauen dem Verein beitreten durften. 1973 wurde der Verein in "Volksbühne Viersen 1868" umbenannt.

Wenn die Geschäftsführerin der Volksbühne, Gabi Koepp, die künstlerische Leiterin Barbara Sahl-Viergutz und Stefan Holzapfel, der 1.Vorsitzende, beisammen sitzen und erzählen, sind sie kaum zu bremsen. Mit jedem Wort merkt man, wie sehr ihnen die Volksbühne, ihre Mitglieder und die Arbeit am Herzen liegen. Da werden Anekdoten an Anekdoten gereiht: Wie sie einmal in einem kalten Winter in einem meist ungeheizten Probenraum geübt haben, das Weihnachtsmärchen Frau Holle und ihnen das Wasser im Brunnen gefror zum Beispiel. Oder die Aufführung, bei der gleich zu Beginn das Licht ausfiel.

Wenn ich eins in diesem Interview gelernt habe, dann das: Was es braucht, um einen Verein zu führen, durch Höhen und Tiefen, durch (meist) knappe und (selten) volle Kassen, durch Harmonie und Differenzen, neben Kind und Kegel, Mann und Frau, Broterwerb ... "so zwischendurch".

Was es braucht: Leidenschaft. Tiefe, lang andauernde, unerschütterliche Leidenschaft und die ebenso unerschütterliche Gewissheit, dass das, was da geschieht, gut und sinnvoll ist.

31 zahlende und aktiv tätige Mitglieder hat die Volkbühne. Das jüngste Mitglied ist 20, das älteste 73 Jahre alt, ein Mehrgenerationentheater, wie es im Buche steht. Alle eint die Liebe zum Theater. Wenn auch durchaus nicht alle auf der Bühne stehen und spielen. Das ist auch gar nicht nötig, wie Barbara Sahl-Viergutz erklärt: "Wenn fünf auf der Bühne sind und das Stück spielen, braucht es noch 15 für alles andere."

Alles andere: Das sind die Experten für die Technik, also Beleuchtung, Bühnenbild, der Souffleur, das sind die, die an der Kasse stehen oder das Catering machen und viele andere. Die Vereinsmitglieder erhalten außerdem die Möglichkeit, sich in professionellen Seminaren schauspielerisch weiterbilden zu lassen.

Gabi Koepp spielte lange Jahre in der Nähe von Bocholt Theater. Nach ihrem Umzug nach Viersen nahm sie Kontakt mit der Volksbühne mit dem Wunsch "Ich möchte Theater spielen" auf. Holzapfel kam vor elf Jahren über eine Klassenkameradin dazu: "Wir suchen junge Männer" lautete der Satz, der zur Bühne führte. Und Barbara Sahl-Viergutz ist schon immer dabei. Ihr Sohn Jan ist im Verein gewissermaßen groß geworden.

Zwei Stücke gibt es im Jahr, mindestens, dabei ist ein Kinderstück, dann gestalten sie noch den Historischen Stadtrundgang und alle zwei Jahre eine Produktion in Mundart.

Drei Monate geben sie sich Zeit, ein Stück einzuüben, zweimal wöchentlich, außerdem am Wochenende und an Feiertagen. Sahl-Viergutz wählt die Stücke aus, stellt sie dem Vorstand vor, schreibt sie um, hat beim Lesen schon im Kopf, wer welche Rolle spielen könnte. "Wir haben keine Stars", betont Sahl-Viergutz. Wer heute die Hauptrolle spiele, könne beim nächsten Mal vielleicht die Eintrittskarten verkaufen.

Die Aufführungsorte wechseln: In der Villa Marx, in der Festhalle, im Evangelischen Gemeindehaus wird gespielt, aber auch außerhalb.

Wie die Stücke beim Publikum ankommen? "Man weiß es nie im Vorhinein", sagt Holzapfel. Bei vielen Menschen sei die Volksbühne mit Komödie verknüpft - da kämen ernste Stücke zunächst einmal bei einigen Theaterbesuchern nicht so gut an. Es gebe halt gute und schlechte Zeiten.

Wie viel Zeit investieren die Vorstandsmitglieder in die Vereinsarbeit? Die Antwort ist fast unisono: "Ich hab's noch nie nachgerechnet." Besser ist das.

(b-r)
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