Viersen Thönnessen beanstandet Ratsbeschluss

Viersen · Noch immer fehlt die Zustimmung des Stadtrates dazu, Inklusionsgruppen an der Anne-Frank-Gesamtschule und am Clara-Schumann-Gymnasium einzuführen. Die Gesamtschule nimmt dennoch Kinder mit Förderbedarf auf.

 Nach einer hitzigen Debatte lehnte der Viersener Stadtrat ab, zwei Schulen zu Orten des gemeinsamen Lernens zu machen. In der jüngsten Sitzung beanstandete Bürgermeister Günter Thönnessen nun diesen Beschluss.

Nach einer hitzigen Debatte lehnte der Viersener Stadtrat ab, zwei Schulen zu Orten des gemeinsamen Lernens zu machen. In der jüngsten Sitzung beanstandete Bürgermeister Günter Thönnessen nun diesen Beschluss.

Foto: Busch

Dieser Tage steht in Viersen politischer Wille gegen den Willen von Eltern und Kindern mit Behinderung, die bald auf eine Regelschule gehen möchten. Darauf haben sie ab August einen gesetzlichen Anspruch. In Viersen aber mangelt es an der Zustimmung des Stadtrats.

Bislang sind die Anne-Frank-Gesamtschule und das Clara-Schumann-Gymnasium noch nicht - wie ursprünglich vorgesehen - zu Orten des gemeinsamen Lernens ernannt worden. So heißen Schulen, an denen es in einigen Klassen kleine Gruppen mit Kindern mit Förderbedarf gibt. Der Grund: Die Verwaltung wollte den Stadtrat in die Entscheidung zur Einrichtung der Lerngruppen einbinden. Schließlich ist die Stadt als Schulträger für äußere Schulangelegenheiten zuständig, also hauptsächlich Ausstattung und Gebäude. Sie legte dem Rat eine Vorlage zur Einrichtung von Orten des gemeinsamen Lernens vor und ließ darüber abstimmen. Der Rat lehnte ab.

Dennoch hat Martin Landmann, Schulleiter der Anne-Frank-Gesamtschule, Tatsachen geschaffen und vier Kinder mit Förderbedarf für das nächste Schuljahr aufgenommen. Der Streit über die Finanzierung der Inklusion dürfe nicht auf Kosten der Kinder gehen, argumentiert er.

Landmanns Kollege Gunter Fischer, Schulleiter des Clara, hat hingegen keine Anmeldungen für das kommende Schuljahr erhalten. Die drei Kinder mit Förderbedarf, die ab August seine Schule besuchen wollten, haben sich doch nicht angemeldet. Nach Eindruck von Martin König, Schulrat im Kreis Viersen, hat die unappetitliche Diskussion in Ausschuss und Rat die Eltern abgeschreckt.

Landmann erklärt nun, die Gesamtschule werde improvisieren. Sie praktiziere zwar seit langem Inklusion in kleinerem Rahmen, betrete jetzt aber Neuland. Die räumlichen und personellen Bedingungen seien nicht klar geregelt. "Die Kollegen sind hohe Arbeitsstandards gewöhnt, nur beim Thema Inklusion werden die plötzlich vergessen", sagt der Schulleiter. Er habe keine zusätzlichen Räume, um die Kinder mit Förderbedarf gesondert zu betreuen. Außerdem unterstütze ein Förderlehrer nur ein Drittel des Unterrichts. "Dabei vergisst man, dass manche Regelschüler auch ihre Schwierigkeiten haben."

Immerhin: Der Streit um die Finanzierung könnte sich entspannen. Landesregierung und kommunale Spitzenverbänden haben sich geeinigt, dass das Land in Zukunft die Kosten der schulischen Inklusion übernehmen soll. Allerdings hatte es von Seiten der Schulaufsicht bereits Schreiben gegeben, laut denen in Viersen zunächst keine Kosten durch die Inklusion entstehen dürften: In der Gesamtschule und dem Clara würden keine zusätzlichen Räume gebraucht. Die Kinder hätten schließlich keine körperlichen Behinderungen, sondern Förderschwerpunkte wie Lernen und Soziale und Emotionale Entwicklung.

Bürgermeister Günter Thönnessen hat nun den Ratsbeschluss beanstandet, laut dem keine Orte des gemeinsamen Lernens eingerichtet werden. Schuldezernent Paul Schrömbges bekräftigt, der Beschluss verstoße gegen geltendes Recht. Der Kreis als Kommunalaufsicht müsste ihn aufheben, was Kreisdirektor Andreas Coenen bestätigt. Er hält die Entscheidung des Rates nur für eine Willensäußerung.

(RP)
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