Viersen Turnhalle wird zur Notunterkunft

Viersen · Die Stadt Viersen muss bis heute Abend Raum für 150 Asylbewerber bereitstellen. Davon erfuhr die Verwaltung erst gestern Morgen per Mail. Die Sporthalle Ransberg in Dülken wird schon für die Menschen hergerichtet.

 Die Sporthalle Ransberg, in der sonst Schüler Sport treiben, wird kurzfristig zu Wohnraum umfunktioniert.

Die Sporthalle Ransberg, in der sonst Schüler Sport treiben, wird kurzfristig zu Wohnraum umfunktioniert.

Foto: franz-heinrich busch

Nein, die Nachricht, die ein Mitarbeiter der Verwaltung gestern in einem Mail-Postfach entdeckte, war kein dummer Scherz, sie war ernst. Am Morgen erreichte das Rathaus eine amtliche Mitteilung der Bezirksregierung Düsseldorf. Ihr Inhalt: Die Stadt wird darin dazu angehalten, kurzfristig Platz für 150 Flüchtlinge zu schaffen - und das bis exakt heute, Freitagabend, 18 Uhr. "Ich fordere Sie auf, sofort und vorübergehend - zumindest für drei Wochen - Unterbringungsmöglichkeiten für 150 geflüchtete Personen bereitzustellen", heißt es in dem Schreiben, das unserer Zeitung vorliegt. Der Stadt blieben nach Erhalt des Schriftstücks gerade einmal 30 Stunden dafür.

Die Kapazitäten der zentralen Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes sind erschöpft. Dort werden normalerweise Ankömmlinge untergebracht, bevor sie anschließend den Kommunen zugewiesen werden. Nun sollen die Kommunen das Land bei dieser Aufgabe entlasten. Für die ist das eine Herkulesaufgabe. In Viersen sollen die 150 Neuankömmlinge erst einmal in der Sporthalle Ransberg unterkommen, die derzeit entsprechend für sie hergerichtet wird. Darüber informierte die Stadt gestern in einer Pressekonferenz.

 Viersens Erster Beigeordneter Paul Schrömbges informierte über die Planungen der Stadt, die noch lange nicht beendet sind.

Viersens Erster Beigeordneter Paul Schrömbges informierte über die Planungen der Stadt, die noch lange nicht beendet sind.

Foto: Busch, Franz-Heinrich sen. (bsen)

Die Verwaltung traf die Nachricht vollkommen unvermittelt. Einen Notfallplan gab es nicht. Gestern Morgen tagte im Rathaus ein Krisenstab, an dem unter anderem das Sozialamt, das Gebäudemanagement und die Feuerwehr sowie Vertreter anderer relevanter Bereiche beteiligt waren. "Wir haben überlegt, wo man die Flüchtlinge unterbringen kann", erklärte der Erste Beigeordnete Dr. Paul Schrömbges. "Innerhalb einer so kurzen Zeitspanne ist das nur in einer Turnhalle möglich."

Bis jetzt wissen die Verantwortlichen nicht einmal, wer nach Viersen kommen wird. Niemand hier weiß, welcher Nationalität die Flüchtlinge angehören, ob es sich um Familien oder Einzelpersonen, alte oder junge Menschen handelt. Fest steht nicht einmal, wie viele Menschen heute Abend tatsächlich nach Viersen kommen. "Wenn sie eintreffen, werden wir eine Personenliste bekommen. Das ist alles", sagt Schrömbges, der über die kurzfristige Anweisung per Mail verärgert ist - zumal das Schreiben am Mittwoch um 18 Uhr einging, also nach Dienstschluss. Obendrein sei es noch an Bürgermeister Günter Thönnessen adressiert gewesen, der aber zurzeit im Urlaub sei, schimpft der Beigeordnete. "Durch diese Art der Benachrichtigung haben wir 15 Stunden verloren. Wenn das Schreiben früher eingegangen wäre, hätten wir einen halben Tag mehr Zeit gehabt", sagt Schrömbges, der bei der Unterbringung "von einer großen menschlichen Verantwortung" spricht.

Die Flüchtlinge, die heute Abend direkt an der Turnhalle ankommen werden, werden zunächst unter simpelsten Bedingungen leben. Derzeit legen Arbeiter die Turnhalle noch mit einem Teppichboden aus, der auch die Lautstärke mindern soll. Die Stadt verhandelt bereits mit einem Messebauer, der Trennwände für die Turnhalle liefern soll. Zunächst werden die aber noch fehlen. Vor der Halle soll ein Esszelt entstehen, weswegen Teile des Wohnmobilstellplatzes neben dem Bad und auch Teile des Schwimmbadparkplatzes gesperrt werden. Die Mahlzeiten liefert das Allgemeine Krankenhaus (AKH).

Ein paar Meter weiter werden zusätzliche Duschcontainer und Toilettenhäuser aufgebaut, da die in der Turnhalle vorhandenen sanitären Anlagen nicht ausreichen. Aus der Notfallreserve des Kreises werden kurzfristig 150 Betten zur Verfügung gestellt. Ein Wachdienst und ein Hausmeister stehen rund um die Uhr zur Verfügung. Dolmetscher sollen vor Ort sein. Raum für medizinische Erstuntersuchungen muss noch geschaffen werden. Die Kosten für all das sind enorm - sie werden allerdings aber vom Land getragen, weil es sich um eine Einrichtung zur Erstaufnahme handelt, die keine kommunale Aufgabe ist.

Düsseldorf: Aktivisten stellen Kreuze für Flüchtlinge auf
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Die Turnhalle soll, so planen es die Verantwortlichen, nach den Ferien wieder dem Schul- und Vereinssport übergeben werden. Schon jetzt arbeiteten die Stadtoberen deswegen an alternativen Unterbringungsmöglichkeiten für die Neuankömmlinge. Hintergrund ist der, dass niemand weiß, wie lange die 150 Personen tatsächlich bleiben. Es können drei Wochen sein oder aber auch länger. "Ich bevorzuge die Unterbringung in normalen Häusern", verriet Schrömbges.

(RP)
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