Verbotene Werbung in der Region Saunaclub finanziert Straßenbau mit Bußgeldern

Niederkrüchten · Ein Lkw steht als Werbefläche auf einer Autobahnbrücke bei Elmpt für einen Saunaclub. Die fälligen Bußgelder fließen über den Landeshaushalt in die Infrastruktur. Zwei Landwirte wollten dort auch werben, die Strafe aber nicht riskieren.

 Der Lkw steht auf einer Brücke über die A52 in Niederkrüchten.

Der Lkw steht auf einer Brücke über die A52 in Niederkrüchten.

Foto: Jochen Smets

Auf der Autobahnbrücke am Weyenhof in Elmpt schmachten zwei hübsche junge Damen die Autofahrer auf der A52 an. Sie blicken von der Werbeplane eines Lkw gen Holland und weisen Autofahrer unmissverständlich darauf hin, dass es in einem Etablissement in Düsseldorf noch mehr hübsche junge Damen gibt. "100 Girls" steht in riesigen Lettern auf der Werbefläche. Dass der Lkw auf der besagten Brücke immer wieder zu sehen ist, wundert Ilse Driessen. Sie betreibt wenige hundert Meter entfernt mit ihrer Familie einen Spargelhof. Auch die Driessens wollten den prominenten Werbestandort nutzen und haben deshalb dort vor drei Jahren einen Traktor mit einem großen Werbeschild abgestellt, um Autofahrer zum Kauf Elmpter Spargels aus eigenem Anbau zu animieren.

Animiert war aber zunächst nur die Polizei, die schon nach kurzer Zeit auf den Hof fuhr — und zwar nicht zum Spargelkauf. Der Traktor sei binnen einer halben Stunde zu entfernen, und außerdem werde ein Bußgeldverfahren eingeleitet, teilten die Beamten der verdatterten Familie mit.

Nach dem Bundesfernstraßengesetz sei es ordnungswidrig, Außenwerbeanlagen an Autobahnen zu platzieren, war im Anhörungs-Schreiben des Landesbetriebs Straßenbau NRW zu lesen. Bis zu 5000 Euro Strafe drohten. Das konnten die Driessens glücklicherweise abwenden. Den Traktor haben sie seither nie mehr dort abgestellt. Mit einer Mischung aus Verwunderung und Verärgerung beobachtet Ilse Driessen seither, dass der Lkw mit den "100 Girls" aus dem Sauna-Club trotzdem regelmäßig auf der Autobahnbrücke am Weyenhof parkt und dort ungeniert und scheinbar unbehelligt Werbung macht. Werden hier etwa andere Maßstäbe angelegt?

Nein, sagt Norbert Cleve, Sprecher der zuständigen Krefelder Niederlassung des Landesbetriebs Straßenbau. Ebenso wie bei Familie Driessen sei der Fahrzeughalter aufgefordert worden, das Fahrzeug zu entfernen. Nur: Er kommt dieser Aufforderung nicht nach. Darum gibt es jedes Mal, wenn der Lkw wieder dort auftaucht, ein Bußgeld von 3000 Euro. Das werde klaglos bezahlt, sagt Cleve. Auf diese Weise sind seit 2015 insgesamt 30.000 Euro an Bußgeldern zusammengekommen. Das Geld, das der Landesbetrieb Straßenbau am Weyenhof bisher eingesammelt hat, fließt in den Landeshaushalt und von dort wieder in den Straßenbau — mit der Aktion finanziert der Club also indirekt den Straßenausbau.

Die Geschäfte in dem besagten Etablissement scheinen gut zu laufen. Unsere Redaktion erbat bei dem Sauna-Club eine Stellungnahme — der stellvertretende Leiter wollte sich zu dem Fall jedoch nicht äußern. Der Betreiber des Saunaclubs in Düsseldorf nutzt offenbar eine rechtliche Grauzone. Ein Ärgernis ist das auch für den Landesbetrieb Straßenbau, aber es ist offenbar schwierig bis unmöglich, den Werbe-Lkw zu entfernen: "Wir haben keine Handhabe", so Cleve. Abschleppen oder Stilllegen wäre nur möglich, wenn von dem Fahrzeug eine Gefahr oder eine gravierende Behinderung ausginge. Das ist auf der wenig frequentierten Wirtschaftswegebrücke nicht der Fall.

Der Lkw mit den "100 Girls" ist übrigens nicht der einzige, der in der Region unterwegs ist, heißt es beim Landesbetrieb Straßenbau. Es gebe mehrere Standorte, an denen Fahrzeuge mit einschlägigen Angeboten als Werbe-Vehikel eingesetzt werden. Allein am Weyenhof hat der Ordnungsdienst der Gemeinde bislang sieben verschiedene Lkw registriert, die für drei verschiedene Etablissements werben.

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