Schwalmtal Vierbeiner arbeitet im Jugendzentrum

Schwalmtal · Das Jugendzentrum "Chilly" in Amern hat einen neuen Mitarbeiter: Snoopy. Der Rüde soll die Leiterin der Einrichtung, Astrid Kròl, künftig bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen unterstützen. Für Ruhe sorgt er jetzt schon.

 Sozialarbeiterin Astrid Kròl und Kulturpädagoge Christoph Flücken haben im "Chilly" einen neuen Kollegen: Hund Snoopy ist noch jung und liebt es, wie die Besucher des Jugendzentrums, auf der Bühne zu sein.

Sozialarbeiterin Astrid Kròl und Kulturpädagoge Christoph Flücken haben im "Chilly" einen neuen Kollegen: Hund Snoopy ist noch jung und liebt es, wie die Besucher des Jugendzentrums, auf der Bühne zu sein.

Foto: Franz-Heinrich Busch

"Schhhhh, seid mal leise, Snoopy schläft." Das sagt nicht Astrid Kròl, Leiterin des Jugendzentrums "Chilly" in Amern. Das sagen die Kinder zu anderen, die ein bisschen lauter sind. Wenn Snoopy schläft, nehmen die Kinder von allein Rücksicht. Ohne dass Kròl etwas sagen würde. Und ohne dass Snoopy im Schlaf brummeln würde.

Kinder und Jugendliche dürfen im "Chilly" laut sein. Sie dürfen toben, am Kicker ein Turnier ausfechten, über die Bühne im großen Saal springen, Musik machen. Das stört den zwei Jahre alten Mischlingsrüden, der seit einigen Wochen Astrid Kròl ins "Chilly" begleitet, alles gar nicht. Er schaut kaum auf, wenn die Tür aufgeht, sondern döst im Körbchen liegend weiter. Und das führt dann eben manchmal dazu, dass ein Kind findet, Snoopy habe seine Kuschelstunde verdient, und die anderen mahnt: "Schhhh."

An Schulen, in Seniorenheimen, in der sozialen Arbeit werden heute Hunde eingesetzt. Lehrer etwa, die Hunde mit in den Unterricht nehmen, schwören auf ihre Schulhunde: Sie legen sich auf die Füße unruhiger Kinder. Sie erhalten ein Leckerchen von einem Kind, das etwas im Unterricht gut gemacht hat. Sie sorgen dafür, dass es im Klassenraum ordentlich ist - wenn Kinder wissen, dass der Hund alles aufsammelt, was herumliegt, räumen sie auf. Sie wollen nicht, dass der Hund etwas frisst und krank wird.

Mit Snoopy arbeitet Kròl derzeit noch zur Vorbereitung bei einem Tiertrainer. Im kommenden Jahr will sie mit ihm eine Ausbildung für tiergestützte soziale Arbeit machen. Schon jetzt sei die positive Wirkung, die Snoopy auf die Kinder und Jugendlichen habe, spürbar, sagt Kròl. Man kann den Hund streicheln, ihm alles erzählen. Er kann die Pfote geben und lässig einschlagen. Was man sagen muss, damit der Hund sich hinsetzt oder hinlegt, haben Jugendliche festgestellt, die das Jugendzentrum regelmäßig besuchen: Sie stammen aus Mazedonien und sprechen Kroatisch. Auch Snoopy versteht Kroatisch. Der Hund, halb Golden Retriever, halb Husky, kam aus Kroatien nach Deutschland. Die Jugendlichen haben Kròl geholfen, die Wörter zu lernen, die Snoopy versteht. Und nach und nach lernt Snoopy jetzt, den Kommandos auf Deutsch zu folgen.

Das Jugendzentrum ist in der Woche täglich von 14.30 bis 19.30 Uhr geöffnet, auch in den Herbstferien. Ein Schwerpunkt des Jugendzentrums ist der musikalische Bereich. Wer mag, kann Musik-CDs und Hörspiele produzieren - ein Sounddesigner hilft den Jugendlichen montags dabei. Die Bühne steht allen offen, "open stage" heißt das, und an jedem letzten Freitag im Monat tanzen Menschen mit und ohne Behinderungen bei der "Indi-Disco" durchs "Chilly".

Ein Ferienprogramm unter einem besonderen Motto gibt es in den Herbstferien im Jugendzentrum nicht. Kròl setzt den offenen Treff, den es sonst auch jeden Tag gibt, fort. Dass man dort "chillen" kann, sei für Kinder und Jugendliche sehr wichtig, sagt die Einrichtungsleiterin. Kròl betont: ",Chillen' ist nicht ,nichts tun', da passiert ganz viel. Du kannst kommen und gehen, wann du willst. Und diese Freiwilligkeit führt dazu, dass die Kinder und Jugendlichen auch im nicht-schulischen Bereich ganz viel lernen. Hier wird eine CD nach der anderen produziert, und die Jugendlichen schreiben selbst die Texte dazu."

Auch in den Schulpausen am Morgen können Schüler, die das benachbarte Förderzentrum West (früher Schule an der Schwalm) in Geneschen besuchen, freiwillig ins "Chilly". Dort gibt es seit vier Jahren ein Schülercafé, das anfangs von Kròl und zwei Praktikanten, später von Honorarkräften betreut wurde. Etwa 100 Prozent der Schüler, die das Förderzentrum besuchen, kämen inzwischen in der Pause ins Jugendzentrum, schätzt Kròl. Für die Kinder und Jugendlichen sei das eine kleine Auszeit von der Schule. "Jugendzentrum ist Freizeit", sagt Kròl. "Hier kann man in der Pause etwas trinken oder essen, Musik hören, tanzen, toben." Einmal in der Woche gibt es ein warmes Essen für alle Schüler. Auch stehe das Jugendzentrum für eine konfliktarme Pausengestaltung: "Das ,Chilly' ist übersichtlich, die Mitarbeiter sehen, wenn es einen Konflikt zwischen den Schülern gibt, und können helfen, den Konflikt zu lösen."

Allerdings scheint dem Schülercafé zum Jahresende das Aus zu drohen. Für die Honorarkräfte, die das Schülercafé betreuen, muss der Förderverein des "Chilly" 5700 Euro im Jahr aufwenden. Im Frühjahr gewann die Einrichtung mit dem Projekt "Schülercafé" 2000 Euro aus dem Wettbewerb "Starke Kids" der AOK Rheinland/Hamburg. Doch allein mit der Hoffnung auf Spenden kann solch ein Projekt nicht finanziert werden. Für 2016 und die folgenden Jahre wünscht sich Kròl mehr Sicherheit. Auch, um den Schülern die Sicherheit zu geben, dass das Schülercafé in den Pausen weiterhin eine Anlaufstelle ist - zum toben, tanzen und "chillen".

(RP)
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