Hundekot-Beutel in Viersen Der gierige Griff zur Gratis-Tüte

Viersen · Seitdem Plastikeinkaufstüten kostenpflichtig sind, kommt die Verwaltung mit den Bestellungen der Gassibeutel kaum noch nach. Immer mehr Menschen greifen beherzt zu den Gratistüten, die eigentlich für Hundekot gedacht sind

 Schwupp, wieder eine Tüte weg: Immer mehr Menschen bedienen sich bei den kostenfreien Gassibeuteln. Der Verbrauch ist gestiegen, seitdem der Handel Plastiktüten nur noch gegen Bares abgibt.

Schwupp, wieder eine Tüte weg: Immer mehr Menschen bedienen sich bei den kostenfreien Gassibeuteln. Der Verbrauch ist gestiegen, seitdem der Handel Plastiktüten nur noch gegen Bares abgibt.

Foto: busch

Überraschung bei der Stadtverwaltung: Seit einigen Wochen verschwinden immer mehr rote Tüten aus den Gassibeutelspendern. "Der Verbrauch hat deutlich zugenommen", erklärt Thomas Biener vom Ordnungsamt. Die kostenfreien Fünf-Liter-Beutel seien gefragt - wohl auch von Menschen, die ohne Hund unterwegs sind. Wofür die Tüten (40 Stück kosten rund einen Euro) verwendet werden, darüber kann die Verwaltung nur spekulieren: vielleicht, um Einkäufe zu transportieren oder Mini-Mülleimer auszustatten. Denn Plastikbeutel gibt es in den meisten Läden nur noch gegen Bares.

Seit 1. Juli besteht eine Vereinbarung zur Reduzierung von Plastikmüll; damit folgt der Handel einer EU-Richtlinie. So haben etwa Drogeriemärkte die kleinen Gratistüten abgeschafft, Supermärkte verzichten auf Plastikbeutel. Auch die Viersener Händler beteiligen sich am Kampf gegen die Plastikmüll. Laut Hubert Rettler, Vorstandsmitglied des Werberings "Viersen aktiv" seien die Reaktionen der Kunden durchweg positiv. Rettler erhebt für Plastik- und für Papiertüten eine Gebühr. Auch Verkäufer Thomas Kistner wirbt bei "Spielwaren Seidel" für den Verzicht auf die umstrittene Plastiktüte. Fünf Cent muss der Kunde dort für eine kleine Tüte bezahlen, 50 Cent für das Jumbo-Teil. "Die meisten haben eine extra Tasche dabei oder nehmen den Karton ohne Tüte in die Hand", schildert Kistner. Sein persönliches Ziel: "So wenig Plastikbeutel zu verkaufen wie möglich." Seit der Einführung der Gebühr gehen nur noch fünf Tüten pro Tag über die Theke, "davor waren es 20". Wer zögert, bei dem fragt Kistner nach: "Sie sind doch umweltbewußt, oder?" Oft bleibe dann die Plastiktüte ungekauft - Ziel erreicht.

Oder ganz Schlaue gehen zu einem der 24 Gassibeutelspender und greifen beherzt zu. Kostet sie ja nichts. Die Stadt Viersen dagegen schon: "Wir rechnen derzeit mit einem Verbrauch von einer Viertelmillion Beutel pro Jahr", erklärt Rathaus-Sprecher Frank Schliffke. Dafür muss die Stadt jährlich rund 2000 Euro aufwenden.

Vor zwei Jahren hat die Stadtverwaltung die ersten Gassibeutelspender montieren lassen. Sie stehen direkt oder in kurzer Distanz zu einem Abfallbehälter. Aus dem Spender können Hundebesitzer einen Beutel entnehmen, um den Kot ihrer Tiere zu beseitigen. "Wir haben die Ideen für die Standorte damals auch bei einer Bürgerbefragung gesammelt", erklärt Kämmerer Norbert Dahmen. Das Angebot werde sehr gut angenommen; die Verschmutzung durch Hunde-Exkremente sei deutlich reduziert worden. "Wir konnten die Menschen damit motivieren", sagt Dahmen. Ob es weitere Spender geben wird, ist noch nicht entschieden.

Gegen den Klau der Gratis-Beutel ist die Stadt dagegen machtlos. "Das können wir überhaupt nicht kontrollieren", sagt Norbert Dahmen. Ihm bleibt da nur eines: Hoffnung auf die Vernunft.

(busch)
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