Prozess gegen Erzieherin aus Viersen Angeklagte spricht von Rachefeldzug einer Praktikantin

Sie soll ein Kind zum Essen gezwungen haben, ein anderes habe längere Zeit im Stuhlkreis stehen müssen: Wegen Nötigung in zwei Fällen ist am Donnerstag in Viersen der Prozess gegen eine Erzieherin eröffnet worden. Sie bestritt die Vorwürfe, eine Zeugin belastete sie.

 Die Angeklagte mit ihrem Anwalt im Gericht in Viersen.

Die Angeklagte mit ihrem Anwalt im Gericht in Viersen.

Foto: Daniela Buschkamp

Hat eine Erzieherin in einer Niederkrüchtener Kita zwei Kinder genötigt? Zwei Elternteile hatten deswegen im Mai Anzeige erstattet. Der Staatsanwalt wirft der Frau vor, einem Mädchen den Kopf festgehalten und es zum Essen gezwungen zu haben. Ein anderes Mädchen soll die Frau genötigt haben, im Stuhlkreis über eine längere Zeit stehen zu bleiben.

Mit diesen Fällen in der von einer Elterninitiative betriebenen Kita beschäftigte sich am Donnerstag das Amtsgericht Viersen. Die Angeklagte sollte zunächst eine Geldstrafe in Höhe von 21.000 Euro zahlen. Da sie aber Einspruch eingelegt hatte, wurde das Verfahren eröffnet. Als Zeugen wurden Eltern, die inzwischen ebenfalls gekündigte Leiterin der Einrichtung und eine Schülerpraktikantin gehört.

Die Angeklagte, die seit ihrer Kündigung im Mai 2017 arbeitslos ist, bestritt die Vorwürfe vehement und sprach vom "Rachefeldzug einer Praktikantin", mit der es immer wieder Schwierigkeiten gegeben habe: "Die Beschuldigungen sind falsch. Erzieherin zu sein, ist meine Berufung", sagte sie vor Gericht aus. Sie habe mit den Kindern viel gelacht, ihnen Trost gespendet, sie liebevoll auf den Schoß genommen und massiert.

Als Zeugin wurde auch die Praktikantin gehört, die — anders als bei der Polizei — ihre Aussage zum Geburtstagsstuhlkreis relativierte. Statt 40 Minuten habe das Mädchen deutlich kürzer stehen müssen, wie lange genau, wisse sie nicht. Außer ihr und der Angeklagten sei zu diesem Zeitpunkt kein anderer Erwachsener in der Gruppe gewesen. Mit Zeitangaben auf damals gemachten Fotos konnte der Verteidiger belegen, dass beide maximal 15 Minuten allein waren. Allerdings bekräftigte die junge Frau, dass die Angeklagte Kinder angeschrien und in einem barschen Ton mit ihnen gesprochen habe.

Eine Kollegin der Angeklagten sagte zudem aus, sie sei nicht dabei gewesen, als das Kind habe aufstehen müssen. Auch die Leiterin der Einrichtung bestätigte die Vorwürfe nicht. "Ich habe davon nichts mitbekommen", sagte sie. Sie halte die Angeklagte für eine gute Erzieherin, die freundlich mit Eltern und Kindern umgegangen sei. Sie sei sehr organisiert gewesen sei und habe sich stets an Absprachen gehalten. Mit der Schülerpraktikantin habe es dagegen seit deren ersten Tag Probleme gegeben. Sie sei unmotiviert gewesen, habe ihren Aufgabenbereich überschritten und sich in pädagogische Fragen eingemischt.

Eine Mutter aus einer anderen Kindergarten-Gruppe, die nicht von der Angeklagten betreut wurde, hatte sich nach Bekanntwerden der Vorwürfe in der Presse an die Polizei gewandt und die Erlebnisse mit ihrem Sohn geschildert: "Er hat immer geweint, wenn er in den Kindergarten sollte." In der Kita habe einiges nicht gestimmt. Bei der Abgabe der Kinder habe ein rauer Ton geherrscht, weinende Kinder wie ihr Sohn seien allein in eine Ecke gestellt und die Eltern weggeschickt worden. Die Mutter wechselte daraufhin die Kita.

Die Richterin erklärte nach den Zeugenaussagen, dass sich ihrer Einschätzung nach der Vorwurf der Nötigung für den Vorfall des Stuhlkreises nicht erhärten lasse: "Hier steht Aussage gegen Aussage." Der Staatsanwalt bestand darauf, Licht in den zweiten Vorfall zu bringen und außerdem eine "möglichst neutrale Person" zur allgemeinen Situation in der Einrichtung zu hören. Deshalb soll am nächsten Verhandlungstag der Vater eines der betroffenen Kinder als Zeuge aussagen. Zudem werden eine weitere Schülerpraktikantin, die zu dieser Zeit in der Einrichtung war, und ein Vorstandsmitglied der Elterninitiative gehört.

Die Verhandlung wird am Donnerstag, 23. November, fortgesetzt.

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