Viersen Viersener Salon macht Geschichte greifbar

Viersen · Für anregende Gespräche über Kunst und Literatur, Politik und Gesellschaft standen die Salons des 18. bis 20. Jahrhunderts. In Viersen hat der Verein für Heimatpflege die Idee des Salons als Wiege der Kultur wiederbelebt.

 Herzog Wilhelm V. von Jülich-Kleve-Berg. Er fiel 1543 in Venlo vor Kaiser Karl V. auf die Knie und verzichtete damit auf das Herzogtum Geldern.

Herzog Wilhelm V. von Jülich-Kleve-Berg. Er fiel 1543 in Venlo vor Kaiser Karl V. auf die Knie und verzichtete damit auf das Herzogtum Geldern.

Foto: KN

Ausstellungen, Gespräche, musikalische und wissenschaftliche Vorträge und vieles mehr bündelt der Verein für Heimatpflege im Viersener Salon. Der Salon, der im Sommer eröffnet wurde, ist damit mehr als ein Raum in der Villa Marx an der Gerberstraße: Er steht für die Vielfalt kulturellen und gesellschaftlichen Lebens.

Herzstück des Salons sind die Ausstellungen. Die erste unter dem Titel "Der Niederrhein - Schauplatz europäischer Geschichte" wurde im Juni eröffnet. Sie sollte bis Dezember gezeigt werden, doch jetzt hat der Verein für Heimatpflege die Ausstellungsdauer aufgrund des großen Zuspruchs verlängert. Bis Ende Oktober zählte der Verein bereits 1650 Besucher in der Ausstellung. Noch bis zum 8. Februar ist nun die Schau, die den Einwohnern im Kreis Viersen anhand historischer Exponate die eigene Geschichte aufzeigt, zu besichtigen.

Der Historiker René Franken hat die Exponate für die Ausstellung ausgewählt. Texte geben Erläuterungen zu den historischen Ereignissen und Personen, die für die Geschichte des Niederrheins von Bedeutung waren. Da ist Wilhelm V. von Jülich-Kleve-Berg, auch "der Reiche" genannt, der im 16. Jahrhundert versuchte, seine Ansprüche auf das Herzogtum Geldern, zu dem auch Viersen gehörte, durchzusetzen und sein Land der Reformation zu öffnen.

Doch Kaiser Karl V. sicherte sich 1543 nach einem heftigen, kurzen Krieg das Herzogtum Geldern - und zog Jülich-Kleve-Berg wieder auf die katholische Seite. Viersen und das geldrische Oberquartier gehörten von nun an zu den katholischen habsburgischen Niederlanden. Mit 40 000 Mann schlug der Kaiser in Venlo sein Feldlager auf - und zwang Wilhelm V. auf die Knie. Das bedeutete den Verzicht Wilhelms auf das Herzogtum Geldern und die Grafschaft Zutphen. Ein zeitgenössischer Kupferstich zeigt, wie sich der Kaiser von dem vor ihm knieenden Wilhelm das Wappen Gelderns übergeben lässt.

Ebenfalls im Viersener Salon zu sehen ist ein Abendmahlkelch aus Kempen. Er stammt aus dem 17. Jahrhundert. Er erinnert an die Schlacht auf der Tönisheide, die größte Schlacht in der Region, die am 17. Januar 1642 stattfand. In der Folge gelang den hessischen Truppen die Eroberung der befestigten Stadt Kempen. Die bei der Übergabe der Stadt erlassenen Bedingungen sicherten den Kempenern zwar zu, "unverletzt und unbeschädigt" zu bleiben, doch drangen mehrere Regimenter raubend und plündernd in die Stadt ein. Die protestantischen Hessen richteten evangelische Gottesdienste in den katholischen Kirchen der Stadt ein. Beleg dafür ist der zu dieser Zeit gestiftete Abendmahlkelch, der durch die Gegenreformation zeitweilig mit den Kempener Reformierten in die evangelische Gemeinde nach Süchteln ausweichen musste und später nach Kempen zurückkehrte.

Dies sind nur zwei Beispiele für die Stücke, die in der Villa Marx zu sehen sind. Darüber, dass so viele Interessierte in den vergangenen Monaten den Weg in den Salon fanden, freut sich insbesondere der Vorsitzende des Vereins für Heimatpflege, Dr. Albert Pauly. Viele Gruppen besuchten die Ausstellung, zum Beispiel "Miteinander-füreinander" oder Mitglieder verschiedener Serviceclubs. Auch Geschichtslehrer trafen sich dort. Mitglieder des Vereins für Heimatpflege betreuen die Ausstellung. Sie sind immer da, wenn der Salon geöffnet ist - und können zu jedem Exponat etwas erzählen. So erhält auch der Besucher, der nicht an einer Führung teilnimmt, einen guten Einblick.

Die Besucher des Salons kommen vom ganzen Niederrhein und aus den benachbarten Niederlanden, berichtet Pauly. Für ihn ist mit der Eröffnung des Viersener Salons ein Traum in Erfüllung gegangen. Doch dass so viele Gäste kommen und sich die Ausstellung ansehen würden, nein, das habe er nicht zu träumen gewagt, gibt er zu.

Daher haben Viersener und Interessierte aus der Umgebung nun also bis Anfang Februar noch Zeit für einen Besuch der Ausstellung. Danach bereiten die Mitglieder des Vereins für Heimatpflege die nächste Schau vor. Am 1. März soll das "Photographische Atelier" eröffnet werden, in dem der Fotograf Albert Breuer (1839-1901) im Mittelpunkt steht. Die Ausstellung über die Fotografie der Gründerzeit am Niederrhein wird sicherlich erneut viele Besucher in die Villa Marx locken.

(RP)
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