Schwalmtal Waldnieler Möhnen freuen sich auf Pesch

Schwalmtal · Schwalmtals Bürgermeister Michael Pesch hat den Rathausschlüssel für kurze Zeit zurückerhalten. Die Möhnen wollen ihn am Altweiberdonnerstag zurückerobern. Dafür hoffen sie auf weibliche Unterstützung.

Lachen klingt aus dem Besprechungszimmer des Bürgermeisters. An diesem Abend sitzen zehn Frauen mit Bürgermeister Michael Pesch am Tisch und plaudern angeregt. Die Jüngsten sind Anfang 30, die Älteren Ende 60. Sie sind Geschäftsfrauen, Hausfrauen, Angestellte, Rentnerinnen. Was sie verbindet, ist ihre Liebe zum Karneval.

Die Frauen sind an einem Tag im Jahr die "alten Weiber" von Waldniel, jedenfalls der "harte Kern" der Möhnengruppe. Und sie sind gekommen, um dem Bürgermeister wenigstens für einige Tage den schweren, schwarzen Rathausschlüssel, der die Macht in Schwalmtal symbolisiert, zurückzugeben. Denn eins ist sicher: Die Frauen werden den Schlüssel am Altweiberdonnerstag zurückholen.

So feierten die Jecken Altweiber im Kreis Viersen
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Die Frauen wollen wie in jedem Jahr am Altweiberdonnerstag das Rathaus stürmen, um den Schlüssel wieder zu erobern. Dafür hoffen sie auf viele Mitstreiterinnen.

Doch die Zahl der Möhnen ist in den vergangenen Jahren gesunken - und das nicht nur in Waldniel. "Viele junge Frauen scheinen zu denken, dass man schon ein gewisses Alter haben muss, um eine Möhne zu sein", sagt eine der Frauen nachdenklich. "Möhne sein ist doch keine Frage des Alters", hält eine andere Frau dagegen, die zu Altweiber nur unter ihrem Spitznamen "Lulu, die Möhn' uut Fronkreisch" bekannt ist. Sie sagt: "Möhne sein, das kommt aus dem Herzen - und aus dem Bauch."

Ursprünglich waren es wohl gar nicht unbedingt alte Frauen, sondern nur verheiratete - und damit "ehrbare" Frauen, die "Muhme" oder "Möhne" genannt wurden. Die Wiege der Weiberfastnacht stand wohl im Bonner Stadtteil Beuel. Dort befanden sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts viele Wäschereien, in denen vor allem die Wäsche aus Kölner Hotels gewaschen wurde, vornehmlich von Frauen. Die hatten 1823 erlebt, wie der erste geordnete Straßenkarneval entstand und die Männer - und nur die Männer - sich dabei vergnügten. Ein Jahr später wollten die Frauen zurückschlagen. So entstand der Möhnenverein.

Um die Macht zu übernehmen, erkoren sich die Frauen den Donnerstag vor Karneval, der in einigen Regionen schon als "schmutziger" Donnerstag bekannt war. Das wiederum hat nichts mit Dreck zu tun, wie man bei Wäscherinnen leicht vermuten könnte, sondern mit "Schmotz". Das hochalemannische Wort bedeutet "fett". Es war der letzte Tag, an dem vor Ostern geschlachtet wurde, an dem es also fettes und nahrhaftes Essen gab. Denn dann begannen die Karnevalstage, auf die der Aschermittwoch folgte - Beginn der Fastenzeit.

Die Schere, mit der die Frauen heute den Männern den Schlips abschneiden, kam erst sehr viel später ins Spiel. Es soll aber auch in Bonn gewesen sein, wo die Sekretärinnen in den Ministerien der damaligen Bundeshauptstadt um 1950 herum zum ersten Mal so die Chefs symbolisch ihrer Macht beraubten.

Die Möhnen in Waldniel möchten diesen Brauch aufrecht erhalten. Wer Lust hat, dabei zu sein, wenn Bürgermeister Pesch zum ersten Mal vor der Übermacht der Frauen (wahrscheinlich) kapitulieren muss, der kann sich einfach zu Hause passend ausstaffieren und am Altweiberdonnerstag um 14.11 Uhr zur Volksbank-Filiale an der Dülkener Straße in Waldniel kommen. Dort sammeln sich die Möhnen, und dort gibt es auch die offiziellen Nummern für die spätere Möhnen-Prämierung. Von dort aus nehmen die Frauen Anlauf aufs Rathaus. Wer Hilfe bei der Auswahl des Kostüms braucht, der ist auch auf ein Schwätzchen im Antiquariat Freitag an der Marktstraße 7 in Waldniel willkommen. Denn Usch Freitag kennt die Tradition des Rathaussturms bestens.

(hah)
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