Gespräch mit einem Storch "Wenn's heiß wird, mach' ich mir ins Nest"

Viersen · Ein Storch spricht über die Liebe und darüber, wie er am Wochenende und überhaupt mit der Hitze fertig wird.

Herr Storch, stimmt es, was sich die Leute so über Sie erzählen?

Storch Es vergeht auch kein einziger Tag, an dem die Leute nicht irgendeinen Quatsch erzählen. Was ist es jetzt schon wieder?

Naja. Das ist ziemlich unappetitlich. Es heißt, Sie würden sich, wenn es draußen heiß ist, ans Bein machen.

Storch Na klar, das machen wir alle so!

Das ist ja widerlich.

Storch Hören Sie mir auf. Wie würden Sie es denn machen, wenn Sie keine Klimaanlagen hätten. Unsere Horste stehen in der prallen Sonne. Wissen Sie, wie heiß das werden kann? Ich will ja keinen Sonnenbrand kriegen.

Schützen Sie nicht ihre Federn?

Storch Haben sie eigentlich von gar nichts eine Ahnung? Jungstörche haben schwarze Beine. Schwarz zieht die Hitze magisch an, das weiß doch jedes Küken. Also mache ich mir aufs Bein.

Was sagt denn ihre Frau dazu?

Storch Ach glauben Sie denn, die macht das bei ihren roten Beinen anders? Irgendwie muss man sich ja vor der Sonne schützen. Mein Kumpel ist Elefant und badet im Schlamm.

Wie wär's denn mal mit einem Bad im Wasser zum Abkühlen?

Storch Meinen Sie das ernst?

Ich wollte es ja nur vorschlagen...

Storch Nur weil wir uns gerne in der Nähe der Menschen niederlassen, müssen wir ihnen ja nicht alles nachmachen. Ich bleibe beim Einkoten gegen die Hitze, ob es Ihnen passt oder nicht. Zum Fluss geh' ich nur zum Fressen.

Uns ist zu Ohren gekommen, dass Sie ein ziemlicher Gierhals sind.

Storch Man kann ja auch nichts anderes machen, als zu essen, wenn den ganzen Tag nichts im Fernsehen läuft. Also fliege ich raus und such' mir was Essbares. Ich fresse im Prinzip alles, was sich so bietet.

Was zum Beispiel?

Storch Die Antwort wird Ihnen nicht gefallen.

Raus damit.

Storch Frösche, Mäuse und Maulwürfe, Reptilien, aber auch Insekten. Außerdem suche ich auch gerne mal auf Müllkippen nach Essen. Und wenn's sein muss, esse ich auch Aas. Mal probieren?

Und wie läuft's in der Liebe?

Storch Ach, hören Sie auf. Das wird doch alles immer schwieriger. Wenn's so weitergeht, muss ich mich noch auf irgend so 'ner Flirtplattform im Internet anmelden.

Lässt ihre Herzdame noch auf sich warten?

Storch Viele von uns gibt es im Kreis nicht mehr. Vor zwei Jahren gab's zwei Paare mit je zwei Jungvögeln. Letztes Jahr brütete nur eines an der Clörather Mühle. Ein anderer Storchenmann auf dem Horst in Kempen-Voesch wartete vergeblich auf eine Dame. Dieses Jahr wartete neben mir bloß noch ein anderer Storch an der Clörather Mühle. Was soll das nur werden?

Sind Sie eigentlich treu?

Storch Glauben Sie, dass ich Ihnen das in der Zeitung verraten würde, wenn es nicht so wäre? Hier liest doch jeder mit. Bei uns ist das so: Wenn wir einmal an einem Horst gebrütet haben, kehren wir Männchen Jahr für Jahr zuerst zurück und besetzen einen Horst. Auch die Weibchen kehren gerne zu ihrem einmal benutzten Horst zurück. Manchmal finden sich Paare dann wieder, manchmal eben nicht. Die Winterzeit verbringen wir Storchenpaare getrennt.

Angenommen, Sie finden ihre Traumfrau. Wie sieht ihr Traumhaus für Sie aus?

Storch Natürlich muss es genug zum Fressen geben. Das heißt: Wir brauchen wilde Wiesen, kleine Bäche mit Fischen und eben Natur, nicht nur Ackerland - alles wird immer weniger. An uns denkt dabei keiner, aber die Leute reden trotzdem über uns.

Wie läuft's denn so beruflich? Wie man hört, kommen in Viersen viele Kinder zur Welt.

Storch Ach, das sind doch nur uralte Geschichten. Das ist so: In alten Mythen waren Quellen Orte, an denen Kinder ins Leben traten. Da auch wir Störche uns häufig dort aufhalten, hat sich irgendwer diese Geschichte ausgedacht.

SEBASTIAN FUHRMANN STELLTE DIE FRAGEN

(RP)
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