Viersen Wie der Schrecken des Krieges Musiker beeinflusst

Viersen · Als es vor kurzem im "Viersener Salon" um Musik und Literatur in der Biedermeier-Zeit ging, ließ sich der Zusammenhang zwischen politischer Zeitströmung und künstlerischem Ausdruck deutlich erkennen. Für die drei französischen Komponisten, die in der Reihe "Hausmusik" auf dem Programm standen, gilt dies ebenfalls.

Stephan E. Wehr, Pianist und Organisator der Reihe, machte den Zusammenhang sowohl durch kompetente Erläuterungen als auch durch die Interpretation deutlich. Als Gast hatte er den jungen Düsseldorfer Geiger Ken Schumann eingeladen. Er war bereits einmal in der Villa Marx aufgetreten. Da war man so begeistert von ihm, dass der Viersener Verein für Heimatpflege ihn nach dem Konzert sofort zu einem weiteren verpflichtete. Das war zweifellos eine gute Entscheidung.

Gabriel Faurés Sonate A-Dur op. 13 entstand 1875, kurz nach dem deutsch-französischen Krieg. In einer eindrucksvollen Interpretation verdeutlichten Schumann und Wehr, dass sich Ängste und Schrecken der Bevölkerung in der Komposition widerspiegelten.

Debussys Sonate g-moll entstand 1917, mitten im ersten Weltkrieg. Hätte Wehr nicht darauf aufmerksam gemacht, hätte man die Interpretation womöglich für befremdlich, als zu wenig impressionistisch und zu wenig romantisch gehalten. So aber wurde das deutlich, was auch an den vom Komponisten sehr bewusst eingesetzten Dissonanzen festzumachen war: Nicht verträumte Romantik hat den Komponisten inspiriert. Er brachte, darin Komponisten wie Arnold Schönberg und Anton Webern wesensverwandt, die Schrecken seiner Zeit zum Ausdruck. Auch wenn die Interpretation folgerichtig sehr herb und streng angesetzt wurde: Geigerische Effekte wie Flageolett oder Streichen weit weg vom Steg erinnerten an den reizvollen Klang japanischer Bambusflöten.

César Francks Sonate A-Dur ist nicht selten als virtuoses Feuerwerk zu hören. Einen ganz anderen Ansatz wählte Ken Schumann und überzeugte mit einer sehr sensiblen Interpretation. Er begann ungewohnt verhalten und baute dann kraftvolle Steigerungen auf. Franck (1822 bis 1890) erlebte das 20. Jahrhundert nicht mehr. Aber die expressionistische Note, die Schumann und Wehr betonten, ist in seiner Komposition schon angelegt.

Der begeisterte Beifall der zahlreichen Zuhörer war nur mit einer Zugabe zu bremsen, mit der von fast allen Geigern gern gespielten "Meditation" aus Jules Émile Frédéric Massenets Oper "Thaïs".

(-tr)
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