Viersen Zwischen Sphinx und Fotomodell: So sehen Künstler den Menschen

Viersen · Die aktuelle Ausstellung in der Galerie Klimczak in Süchteln zeigt, wie zeitgenössische Künstler den Menschen und seine Position in der Gesellschaft hinterfragen. Der Besuch lohnt sich

 Liu Guangyun gießt Fotografien von Modellen aus Zeitschriften in Kunstharzblöcke. Sie wirken wie gefangen in ihrer Welt.

Liu Guangyun gießt Fotografien von Modellen aus Zeitschriften in Kunstharzblöcke. Sie wirken wie gefangen in ihrer Welt.

Foto: Jörg Knappe

Aus der bildenden Kunst ist der Mensch als Motiv nicht wegzudenken. Er gehört dazu - als Vergewisserung seiner selbst, als Möglichkeit der Reflexion über Mensch und Gesellschaft. Wann immer die Künstler auch nur annähernd figurativ arbeiten, greifen sie auf den Menschen als Motiv zurück.

"bild mensch" hat Galerist Rainer Klimczak seine Ausstellung mit Werken von elf Künstlern genannt. Viele der Werke sind aus Klimczaks Beständen. Die Arbeiten sind nicht älter als zwanzig Jahre, reflektieren also den Ausdruck unserer Zeit. Die vor allem eines ist: vielfältig. Vielfältig in der Technik ebenso wie in der Darstellungsweise und ihren Aussagen. So sind auch in der Ausstellung von Klimczak Skulpturen, Gemälde und Zeichnungen versammelt sowie Bildobjekte, in denen sich die Techniken vermischen.

Als geflügelte "Sphinx" stellt der Karlsruher Bildhauer Stephan Balkenhol den Menschen dar. In bemalter Bronze ruht das Mischwesen mit seiner groben Oberfläche auf einem weißen Sockel. Selbstbewusst schaut der männliche Kopf mit den roten Lippen in die Galerie. Balkenhol, der sich konsequent dem Menschenbild widmet, sei es als geschnitzte Holzfigur, sei es als Bronze, greift hier auf eine archaische Darstellungsform zurück. Er verortet mit dieser Arbeit den Menschen in der Zeit- und Kulturgeschichte, verbindet ihn mit dem alten Mythos der griechischen Sphinx, die den Vorübergehenden fragt: "Was geht am Morgen auf vier Füßen, am Mittag auf zweien und am Abend auf dreien?" Wer die Antwort "Mensch" nicht kennt, den verschlingt die Sphinx. Nur Ödipus weiß die Antwort und rettet die Stadt Theben. Balkenhol seinerseits rettet auf intelligente Weise die Frage nach dem Menschsein zwischen Leben und Tod in die zeitgenössische Kunst.

Interessant, dass zeitgenössische Künstler immer wieder auf antike Elemente zurückgreifen. Auch Maria Lehnen, Bildhauerin und Malerin aus Mönchengladbach, tut es mit ihrem "Januskopf" aus Bronze. Die schlanke Figur endet in einem Wolfs-Schafkopf - sie zeigt den Menschen in seiner Dualität zwischen Gut und Böse, zwischen Verbergen und Enthüllen. Auch sie zeigt den Menschen als ein Rätsel.

Auf den ersten Blick kein Rätsel gibt der chinesische Künstler Liu Guangyun auf. Fotografien von Modellen aus Zeitschriften gießt er in Kunstharzblöcke und stellt den Frauen mit den verführerischen Blicken bunte Blumen bei. Doch bei aller Deutlichkeit irritieren die Bildobjekte: Die Fotos der Frauen liegen tief in den Blöcken, wirken wie gefangen in ihrer Welt, die ihre stete Schönheit fordert.

Mit aktuellen Fragen von der Suche nach Identität in einer Menschenmasse, in der der Einzelne unterzugehen droht, setzt sich der Amerikaner Steve Manners auseinander. Auf dunklem Grund ist zunächst nur ein grafisches Muster aus einer Art Spirale zu sehen. Von Nahem besehen entpuppt sie sich als schier unendliche Linie aus winzigen Menschenformen - jeder ein Klon des anderen. Ausblick in eine wenig erstrebenswerte Zukunft?

Kunst hält dem Betrachter immer einen Spiegel vor. Im Falle der Ausstellung "bild mensch" in der Süchtelner Galerie Klimczak lädt sie ein, sich mit dem Bild des Menschen zu befassen, die Fragen aufzugreifen, die die Künstler stellen, und sie zu diskutieren. Und davon gibt es viele zu entdecken.

(b-r)
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