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Wassenberg Als es per Fähre über die Rur ging

Wassenberg · Derzeit wird die Rurbrücke zwischen Ophoven und Kempen neu gebaut. Da lohnt ein Blick in die Geschichte. Denn vor der Brücke gab es an der Stelle ein Fähre. Etliche und Unglücke sind überliefert.

 Die Spundwände für den Neubau der Rurbrücke wurden gerade geliefert, die Erdarbeiten haben begonnen.

Die Spundwände für den Neubau der Rurbrücke wurden gerade geliefert, die Erdarbeiten haben begonnen.

Foto: Uwe Heldens

Brücken sind sprichwörtlich. Man kann sie bauen oder abbrechen, man kann sie als Namenszusätze nutzen wie Saarbrücken und Zweibrücken. Mit Fähren kann man das alles nicht, wer würde schon gern statt in Ophoven in Opfähren wohnen? Wobei Ophoven eine Rurbrücke hat - na ja, zurzeit keine, denn sie wird bekanntlich gerade durch einen Neubau ersetzt.

Früher hatte Ophoven eine Rurfähre, die seit dem 17. Januar 1853 vielleicht noch auf dem Grund der Rur liegt, wenn sie denn nicht - was eher wahrscheinlich ist - verfault ist. Wobei die Fähre eigentlich von Kempen war, das den Fährmann stellte, der wiederum die Gebühren für das Übersetzen kassierte, die für die Kempener niedriger waren als für alle anderen Nutzer. Und das gefiel den Ophovenern und Effeldern nicht unbedingt. Vor dem Brückenbau nutzte man flache Stellen in den Fließgewässern als sogenannte Furthen zur Durchquerung der Gewässer, was sich auch in Ortsnamen wie Hilfarth ("Heerwegdurchfahrt") niederschlägt.

Seit wann es eine Fähre zwischen Ophoven und Kempen gegeben hat, ist nicht überliefert, es ist aber ein Fährunglück an "Mariä Verkündigung" 1718 dokumentiert, und der Tag, 25. März, war kein Zufall. Eine Reihe von Frauen aus Dörfern links der Rur hatte sich per Fähre nach rechts begeben, um zur Marienverehrungsstätte Birgeler Pützchen zu pilgern. Den rückkehrenden Frauen-Schwarm wollte der Fährmann nicht über die durch Schneeschmelze angeschwollene Rur setzen, zu gefährlich erschien ihm ein Übergewicht. Doch die Frauen sprangen in die Fähre, die der Steuermann nur mühsam lenken konnte und die in der Flussmitte ins Schlingern geriet, worauf die Frauen panisch reagierten und das Boot zum Kentern brachten. Nur wenige konnten sich ans Ufer retten, 14 oder 15 von ihnen ertranken, wurden erst nach und nach geborgen, zwei Körper völlig verwest erst nach Monaten.

Nach einer Karte von 1774 war die Fährquerung etwa an der Stelle der heutigen Brücke. Der Fährmann zog das Boot, das nicht für Fuhrwerke geeignet war, an einer über den Fluss gespannten Kette von Ufer zu Ufer. Die Fährgebühren waren vom Gemeinderat differenziert gestaffelt. Dass die Kempener aber die Maut kassierten, rief doch die schlauen Bauern aus Effeld und Ophoven auf den Plan, die an die Bezirksregierung Aachen den Antrag richteten, neben die Kempener Fähre eine Brücke setzen zu dürfen, von der sie dann den Brückenzoll kassierten. 1852 war das Maut-Bauwerk fertig, Silbergroschen und Pfennige konnten anrollen.

Am 17. Januar 1853 wollten vier Schlauberger die Maut umgehen, indem einer über die Brücke wechselte, gegen Gebühr natürlich, der sich dann die herrenlos daliegende Fähre schnappte, herüberruderte, um die drei Kumpane zu holen. Bis zur Flussmitte ging das gut, dann schlug Wasser ins Boot, das daraufhin kippte. Die vier Männer retteten sich ans Ufer - für die Fähre aber war das Ende gekommen. Ob sie gehoben wurde, ist nicht bekannt, in jedem Fall wurde der Dienst nicht mehr aufgenommen.

(isp)
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