Wassenberg Auf die gute Nachbarschaft in Birgelen

Wassenberg · Beim "Fest der Begegnung" suchten viele Besucher den Kontakt zu den 70 Flüchtlingen am Ossenbrucher Weg. Ein erster Schritt im Zeichen nachbarschaftlicher Solidarität. Das "Flüchtlingsnetzwerk Wassenberg" hatte eingeladen.

 Eine fröhliche Atmosphäre entstand beim Trommeln und Singen mit Fatima in der Flüchtlingsunterkunft. Zahlreiche Gäste, darunter die CDU-Europaabgeordnete Sabine Verheyen (2. v. li.), kamen zum Kennenlern-Fest.

Eine fröhliche Atmosphäre entstand beim Trommeln und Singen mit Fatima in der Flüchtlingsunterkunft. Zahlreiche Gäste, darunter die CDU-Europaabgeordnete Sabine Verheyen (2. v. li.), kamen zum Kennenlern-Fest.

Foto: JÜRGEN LAASER

Etwas Zucker oder Mehl. Manchmal auch ein Ei. Wenn der Nachbar an der Tür klingelt, fragt er meist nur nach kleinen Gefälligkeiten. Nie würde er gleich um den ganzen Kuchen bitten. Die gute Nachbarschaft zeichnet es aber gerade aus, weitere Hilfe anzubieten. Beim "Fest der Begegnung" bewiesen viele Wassenberger ihre Qualitäten als Anrainer des "Ossenbrucher Wegs": Kuchen in allen erdenklichen Variationen brachten sie mit zum "Fest der Begegnung", um die dort lebenden Flüchtlinge kennenzulernen. Eine schöne Geste der Nachbarschaft, die nicht nur einseitig erkennbar war.

Familie Zeyer ist schwer bepackt, als das Auto endlich auf dem gut besuchten Parkplatz abgestellt ist. Vater Frank bugsiert Taschen mit klackernden Malefiz- und Mensch-ärger-dich-nicht-Spielsteinen durch die Autoreihen. Die Töchter tragen selbst gemachten Butter-Mandel-Kuchen hinein, in den "Raum der Begegnung", in dem die Intensität der Kommunikation zwischen Flüchtlingen und Besuchern vom ersten Kennenlernen bis zum angeregten Gespräch reicht.

Für Familie Zeyer stand gleich fest, dass sie kommen würde, als vor Wochen die Einladung vom "Flüchtlingsnetzwerk Wassenberg" kam. "Unsere Familie hat dieses gewisse ,Helfersyndrom'", sagten Frank und Andrea Zeyer gut gelaunt. Beide hätten noch die Geschichten der Eltern im Ohr, die im Zweiten Weltkrieg selbst zu Flüchtlingen im eigenen Land wurden: "Noch schwieriger ist es natürlich in einem fremden Land." Die Töchter Lea (9) und Carina (12) hatte das Ehepaar auch mitgebracht. Nicht früh genug könne man lernen, dass es zur Scheu vor den "neuen Nachbarn" keinen Grund gebe, so die Orsbecker. Auch Dagmar Rosenkranz hatte sich unter die Besucherschar gemischt. Englisch, Italienisch, Spanisch und Französisch spricht die Wassenbergerin. Rosenkranz wirkt als ehrenamtliche Deutschlehrerin für die Flüchtlinge. Mit einem ihrer Schützlinge, Faiza (24) aus Somalia, unterhielt sie sich am meterlangen Kuchenbuffet im Gemeinschaftsraum. "Integration und Selbstständigkeit beginnt mit der Sprache." Ihr Vorsatz: ehrenamtlicher Einsatz, um der Sprachbarriere entgegenzuwirken. Denn Sprache und Arbeit, das sind die zentralen Probleme, die den Flüchtlingshelfern in Wassenberg und in ganz Deutschland täglich begegnen.

Beim "Fest der Begegnung" war das kein Problem: Auch die Flüchtlinge zeigten sich offenherzig: Alle Türen standen weit geöffnet. Man kommunizierte durch die unmissverständliche Sprache der Musik, über Trommeln und Tanz. Jeder setzte so ein Zeichen nachbarschaftlicher Solidarität. Den Beweis der Nachhaltigkeit aber gilt es nun anzutreten. Hans-Joachim Schwab, ehemaliger Vorsitzender des NRW-Flüchtlingsrats, sieht gute Chancen: "Es geht um einen Zugang zueinander, der erste Schritt ist nun von beiden gemacht."

(jessi)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort