Wassenberg Begleitung schwerkranker Kinder ist Bereicherung

Wassenberg · Professor Rolf Mertens ist seit Jahren Ansprechpartner der Kinderkrebshilfe Ophoven. Ein Gespräch über seine Arbeit.

Professor Dr. Rolf Mertens, bis Jahresbeginn Leiter der Kinderonkologie am Uniklinikum in Aachen, ist in vielen Jahren so etwas wie der Anker geworden für die Aktiven der Interessengemeinschaft (IG) für krebskranke Kinder Ophoven. Als Ansprechpartner und guter Freund lässt er es sich nie nehmen, nach Ophoven zu kommen, um über seine Arbeit zu berichten, die Engagierten in der Region zu unterstützen. Dabei geht es zumeist um Neues von seinen Forschungen auf dem Gebiet der Therapie von Tumoren im Kindesalter, die Mertens auch als emeritierter Professor weiter betreibt. Aktuell eine international beachtete Studie zur Therapie des kaum zu operierenden Nasenrachenraum-Karzinoms.

Nie ist der aus Lammersdorf in der Eifel stammende Mediziner (wo er immer noch wohnt) und Vater zweier erwachsener Kinder dabei nur staubtrockener Wissenschaftler. Ihn interessieren stets die menschlichen Schicksale, die mit der Krebserkrankung bei Kindern verbunden sind - und die beziehen stets die ganze Familie mit ein. Eine tägliche Herausforderung, die den Arzt auch menschlich fordert - und verändert, wie Mertens berichtet.

"Aber die Kinder geben einem auch viel zurück, so dass man auch viele glückliche Momente erlebt, wenn etwa Kinder spontan auf einen zurennen und einen umarmen." Mertens spürte dabei oft, dass Ärzte und Pflegekräfte zu einer Art Familie werden. "Gottlob können wir ja vielen Kindern helfen und sehen Erfolge." Aber natürlich müssten die Patienten auch Unangenehmes über sich ergehen lassen. "Für uns aber war es stets wichtig, dies alles für die Kinder so schonend wie möglich zu gestalten", sagt Mertens. Und das sei heute gottlob vielfach möglich.

Wichtig sei, im stationären Alltag Vertrautheit aufzubauen. "Deshalb geht es auf unseren Stationen anders zu als üblich." Die Arbeit sei zwar fraglos stressreich und hart, und manchmal komme man schon an seine Grenzen, sagt Mertens. Aber alle im Team würden die Begleitung der schwerkranken Kinder über einen langen Zeitraum als Bereicherung ansehen, weil dabei menschliche Beziehungen wachsen. "Von daher ist es nicht erstaunlich, dass die Personalfluktuation auf Kinderkrebsstationen weit geringer ist als anderswo." Die notwendige Teamarbeit schweißt zusammen.

Und man lerne auch Hochachtung vor Kindern und deren Familien, die mit Leiden und Tod konfrontiert werden, oft aber aus der ernsten Situation sogar gestärkt hervorgehen. "Besonders glücklich hat es mich immer gemacht, wenn Kinder und Jugendliche, die wir erfolgreich behandelt haben, bis ins Erwachsenenalter den Kontakt weiter pflegen. Viele frühere Patienten kommen auch als junge Erwachsene weiter zur Nachsorge oder viele Jahre später noch zu Besuch", erzählt Mertens. Schön zu sehen, wenn aus den früheren Patienten - und das sei sehr oft der Fall - erfolgreiche Menschen werden. "Irgendwann stand ein mir unbekannter Mann im Nadelstreifenanzug vor mir und stellte sich als früherer Patient vor - heute ein Topmanager voller Lebenskraft." Ähnlich lebhaft schildert Mertens die Begegnung mit einer jungen Mutter, die mit zwei Kindern im Wartezimmer saß. "Alle dachten natürlich, die Kinder kämen zur Sprechstunde. Dabei war die Mutter als frühere Patientin da, um guten Tag zu sagen." Erlebnisse, die aufbauen und lange nachwirken.

Eine Maxime haben Mertens und sein Team immer verfolgt: "Man muss auch schwerkranken Kindern die Wahrheit sagen, sie wollen das so. Dabei darf aber nie Hoffnungslosigkeit aufkommen. Und ich denke, dass uns das meist gelungen ist."

(RP)
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