Wassenberg Flunkerten die Gaukler zum letzten Mal?

Wassenberg · Die Ansage des Unternehmens "Mittelalterlich Phantasie Spectaculum", zum letzten Mal das Heerlager im Schatten der Wassenberger Burg aufzubauen, bestimmte viele Gespräche. Besucher und Mitwirkende bedauern das Ende.

 Getümmel beim mittelalterlichen Bruchenballturnier (li.), bei dem ein mit Tannenzapfen gefüllter Sack mit viel Körpereinsatz hinter die gegnerische Torlinie befördert werden muss. Viele Fans kommen vor allem, um auf der Theaterbühne die Konzerte der Rockbands der Mittelalter-Szene zu hören, wie hier die Gruppe Omnia (re.).

Getümmel beim mittelalterlichen Bruchenballturnier (li.), bei dem ein mit Tannenzapfen gefüllter Sack mit viel Körpereinsatz hinter die gegnerische Torlinie befördert werden muss. Viele Fans kommen vor allem, um auf der Theaterbühne die Konzerte der Rockbands der Mittelalter-Szene zu hören, wie hier die Gruppe Omnia (re.).

Foto: Jürgen Laaser

Das Mittelalter ist laut. Hier sind Blechschwerter, die auf Holzschilde knallen, Hünen, die beim "Bruchenball" ihre Urschreie loslassen. Und Rockbands wie Saltatio Mortis, die in Dudelsäcke pusten. Da stoßen Besucher so roh und feierlich mit Füllhörnern an, dass das Gebräu darin über die Ränder und auf die Magd- und Rittertrachten spritzt.

Doch nicht alles am "Mittelalterlich Phantasie Spectaculum", vom Veranstalter kurz MPS, abgekürzt, bekommt der Besucher mit. Der wesentliche Kampf wird nicht auf, sondern hinter der Gauklerbühne geführt. Und wenn in Wassenberg zwischen Standgebühren, Platzproblemen und Einnahmezahlen keiner kapituliert, dann ist das Mittelalter hier seit diesem Wochenende wohl endgültig Geschichte. Wer regelmäßiger Gast ist, wenn das größte reisende Mittelalterfestival Station in Wassenberg macht, hat bereits in den vergangenen Jahren einen Wandel bemerkt. Damals gab es das Wickelbrot vom Lagerfeuer für ein paar Cent, und die in der Szene groß gefeierte Band "Saltatio Mortis" spielte noch stündlich, und das auf einer kaum merklich erhöhten Holzbühne.

 Getümmel beim mittelalterlichen Bruchenballturnier (li.), bei dem ein mit Tannenzapfen gefüllter Sack mit viel Körpereinsatz hinter die gegnerische Torlinie befördert werden muss. Viele Fans kommen vor allem, um auf der Theaterbühne die Konzerte der Rockbands der Mittelalter-Szene zu hören, wie hier die Gruppe Omnia (re.).

Getümmel beim mittelalterlichen Bruchenballturnier (li.), bei dem ein mit Tannenzapfen gefüllter Sack mit viel Körpereinsatz hinter die gegnerische Torlinie befördert werden muss. Viele Fans kommen vor allem, um auf der Theaterbühne die Konzerte der Rockbands der Mittelalter-Szene zu hören, wie hier die Gruppe Omnia (re.).

Foto: Jürgen Laaser

"Wenn man heute die 30 Euro Eintritt bezahlt hat, muss man erstmal Euro in Goldtaler umtauschen, sonst kommt man nicht weit", sagte der Stammgast Sören Vreuls. "Mit einem normalen Mittelaltermarkt hat das nicht mehr viel zu tun." Das war nicht nur kritisch gemeint. Kohlenschwarz und blutverschmiert, waren einige Festivalgänger mit ihrer Maskerade kaum von den Profis zu unterscheiden.

Viele Besucher reisen sogar von weit her an, um in die perfekt inszenierte Welt abzutauchen, um ihre Begeisterung für die Epoche des Mittelalters auszuleben: Bestens unterhalten und angeregt von spitzfindigen Zauberern, geheimnisvollen Feen und Gauklern und trefflich musizierenden Troubadouren, mundete ihnen auch das Moorwasser (Cola) aus Füllhörnern. Den Obulus berappt man lieber, wenn er fünf Goldtaler beträgt, statt umgerechnet fünf Euro. Gut 20 Heerlager gab es ebenfalls zu sehen. Doch damit ist Wassenberg einer der kleinsten Mittelaltermärkte des reisenden Festivals. In großen Städten wie Hamburg oder Dorsten gestalten bis zu 150 mittelalterliche Gruppierungen das Leben, wie man es sich in den Heerlagern dermaleinst vorstellte. Die Mitreisenden schätzen aber genau diese, etwas intimere und überschaubare Atmosphäre an Wassenberg. Das wurde auch diesmal wieder deutlich.

"Wassenberg ist trotzdem mit der schönste Markt, man ist mitten in der Stadt, es ist kuschelig und familiär", heißt es auf Nachfrage in den Heerlagern. Man nehme die Enge gerne in Kauf.

Der Veranstalter gab auf seiner Webseite dennoch bekannt, dass das MPS, trotz guter Zusammenarbeit mit der Stadt, nicht wiederkommen könne. Die RP berichtete darüber. Das Gerücht allerdings hält sich schon seit Jahren. "Die wollen größer werden, da passt Wassenberg nicht rein", sagten MPS-Reisende.

Penunsen gegen Posse? Siegt das Geld oder der Spaß? Ob man doch nach Wassenberg wiederkommt, bleibt abzuwarten. In beiden Fällen war das Mittelalterlich Phantasie Spectaculum 2015 also mehr als viel Lärm um nichts.

(jessi)
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