Wassenberg Gemeinsam gegen Fremdenhass

Wassenberg · 350 Menschen kamen zum Friedensgebet in Wassenberg. Unter ihnen waren auch die Opfer des brutalen Überfalls.

Zum Friedensgebet trafen sich am Dienstagabend 350 Menschen am Wassenberger Busbahnhof. Eine Woche zuvor hatte sich an gleicher Stelle ein Überfall auf Flüchtlinge ereignet.

Zum Friedensgebet trafen sich am Dienstagabend 350 Menschen am Wassenberger Busbahnhof. Eine Woche zuvor hatte sich an gleicher Stelle ein Überfall auf Flüchtlinge ereignet.

Foto: Laaser, J�rgen

Sie halten Kerzen in den Händen, singen "Sonne der Gerechtigkeit", spenden spontan Beifall, als Aziz und Issa, zwei der drei bei einem Überfall verletzten Flüchtlinge, eintreffen. Rund 350 Menschen zeigen ihre Anteilnahme beim gemeinsamen Friedensgebet, zu dem das Wassenberger Flüchtlings-Netzwerk aufgerufen hat.

Am Busbahnhof — dort fand der brutale, von Anhängern der rechten Szene verübte Übergriff am Dienstag vergangener Woche statt — humpelt der 37-jährige Marokkaner auf Krücken. "Ich merke, ich bin nicht allein", sagt Aziz mit ernstem Blick. Zu Hause in Marrakesch wissen sie nichts von der brutalen Tat. Aziz möchte nicht, dass sich seine Familie Sorgen macht um ihn. Das rechte Bein, der linke Arm und die Schulter schmerzen immer noch. Nachts raubt ihm die Erinnerung an den Überfall den Schlaf.

"Deutschland ist schön, nur ein kleines bisschen ist nicht gut", erklärt mir Issa, der aus Algerien stammt, auf Französisch. Und weiter: "Merci Wassenberg, merci beaucoup." Er lächelt, als er die vielen Teilnehmer der Andacht sieht, die den Busbahnhof füllen. Um dann mit sorgenvollem Blick zu erzählen, dass die sieben Täter den Hitlergruß gezeigt hätten. Dass viele der Asylbewerber jetzt Angst hätten, zum Einkaufen nach Wassenberg zu kommen.

"Flucht ist kein Verbrechen, sondern ein Menschenrecht" steht auf dem weißen Transparent, das Sabine und Achim Schuster hochrecken. "Ganz furchtbar", findet das Wassenberger Ehepaar, das auch Tochter Janina zu der Solidaritätsaktion mitgebracht hat, die scheußliche Tat. "Wie tief müssen Menschen sinken, um so etwas zu tun? Wirklich traurig", sagt Sabine Schuster und schüttelt den Kopf. Viele Schüler der Betty-Reis-Gesamtschule sind gekommen, Süleyman Börek als Vorstand der DITIB-Moscheegemeinde mit zahlreichen muslimischen Gemeindemitgliedern, Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche, der Parteien, auch der ehemalige Oberkreisdirektor Dr. Leo Thönnissen reiht sich ein. Man sei "aufgeschreckt und erschüttert", macht Jens Sannig, Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Jülich, deutlich. Die drei Männer seien "Opfer eines menschenverachtenden Denkens und Handelns" geworden. "Das dürfen wir nicht hinnehmen." Sannig: "Es ist an der Zeit, nicht mehr zu schweigen, sondern die Stimme zu erheben und auf die Straße zu gehen."

Die Tat habe sich ausgerechnet am Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz ereignet. Dabei müsse doch daraus die Lehre gezogen werden, "dass sich nie mehr wiederholen darf, dass Menschen wegen ihrer Religion oder Abstammung verfolgt werden". Von einer "Sehnsucht der Flüchtlinge nach Frieden" berichtet die evangelische Pfarrerin Sabine Frauenhoff. Und weiter: "Menschenrechte gelten für alle Menschen." Pater Dr. Gerald Tanye betont, dass man sich eingestehen müsse, oftmals nicht entschieden genug gegen Ausländerfeindlichkeit und Fremdenhass einzutreten.

(RP)
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