Wassenberg Geschrumpfte Mehrheit für Windrad-Fläche

Wassenberg · Wassenbergs Stadtrat bestätigt den Ausschussbeschluss für die Konzentrationsfläche. SPD enthält sich, Grüne und Linke dagegen.

 Wo heute Weihnachtsbäume wachsen (oben rechts) und auf einer Ackerfläche (im Foto unten) sollen im Birgelener Wald Windräder gebaut werden dürfen. Etliche Ratsmitglieder zeigten sich durch die Bürgerproteste verunsichert. Die Mehrheit im Rat, verglichen mit dem Ausschuss, ist deutlich geschrumpft.

Wo heute Weihnachtsbäume wachsen (oben rechts) und auf einer Ackerfläche (im Foto unten) sollen im Birgelener Wald Windräder gebaut werden dürfen. Etliche Ratsmitglieder zeigten sich durch die Bürgerproteste verunsichert. Die Mehrheit im Rat, verglichen mit dem Ausschuss, ist deutlich geschrumpft.

Foto: Uwe Heldens

"Windkraft ja - Waldrand nein! Ich bin so wütend. Wir bitten um genaue Prüfung anderer Flächen" - so stand es auf einer großen Schrifttafel zu lesen, die Mitglieder der neuen Bürgerinitiative "Rettet den Birgeler Urwald" zur Sitzung des Stadtrates mitgebracht hatten. Auf der Tagesordnung vor großer Zuhörerkulisse stand nämlich die Bestätigung des Beschlusses, den kürzlich der Planungsausschuss zur Ausweisung einer Konzentrationsfläche für Windenergieanlagen im Rahmen eines Änderungsverfahrens des Flächennutzungsplanes gefasst hatte.

Die Stadt will bekanntlich einen 53,4 Hektar großen Nadelwald- und Freiflächenbereich in Birgelen als Konzentrationsfläche für Windkraftanlagen ausweisen, um weitere Einzelwindräder, verstreut übers gesamte Stadtgebiet, ausschließen zu können. Die Fläche im Waldbereich, gegen die viele Bürger, Naturfreunde und der Naturschutzbund bekanntlich Sturm laufen, wurde vom Moerser Planungsbüro Lange in einer "Potenzialstudie Windenergie" - nach Abwägung "harter" (vom Land festgesetzter) und "weicher" (von der Stadt zusätzlich gesetzter) Ausschlusskriterien anderer möglicher Flächen der Stadt - als ausreichend groß und damit rechtssicher empfohlen.

Obwohl der Beschluss des Planungsausschusses mit Mehrheit von CDU und FDP letztlich bestätigt wurde, zeigte das Abstimmungsergebnis doch, dass Diskussionen und Bürgerproteste etliche Ratmitglieder verunsichert haben: Die SPD, die im Planungsausschuss noch für die Konzentrationsfläche gestimmt hatte, enthielt sich nun, die Linke schloss sich - entgegen ihrem Votum im Ausschuss - der Ablehnung der Grünen an.

Dem voraus ging noch einmal eine kontroverse Diskussion, die Bürgermeister Manfred Winkens schon in seiner Haushaltsrede bei der Einbringung der Etats 2017 zu Beginn der Sitzung eingeleitet hatte: Die Stadt werde an der Fläche, zu der es keine sichere Alternative gebe, festhalten, bekräftigte er. "Wenn wir keine Konzentrationsfläche einrichten, müssen wir unter Umständen bis zu 16 einzelne Windräder im gesamten Stadtgebiet zulassen", sagte er. "Was glauben Sie, was in Wassenberg los ist, wenn an allen Ecken und Enden Windräder geplant werden. Wie viele Bürgerinitiativen und Demonstrationen wird es dann geben?" (CDU-Sprecher Karl-Heinz Dohmen erwähnte später dann auch eine frühere Unterschriftenkampagne gegen Windräder zwischen Wassenberg und Birgelen.)

Robert Seidl (Grüne) kritisierte, dass die Diskussion um alternative Standorte nicht ausreichend intensiv geführt worden sei und bezog sich dabei vor allem auf die in der Studie aufgeführten (möglichen) kleineren Bereiche für Windkraftanlagen vor allem im Bereich der künftigen Trasse der neuen Wassenberger B 221-Ortsumgehung bei Myhl. "Der Wald hat keine Lobby", sagte er unter Beifall aus dem Publikum. "Die Zerschneidung eines der größten Waldgebiete im Kreis widerspricht den Zielen der Stadt." Als Stichworte nannte er Tourismus und Naherholung. Seidl votierte für die Ausweisung dreier kleinerer Alternativflächen.

Seiner Kritik, der Grünen-Antrag sei nicht diskutiert worden, widersprachen CDU-Redner energisch auch mit Hinweis auf die Potenzialstudie, die von der Ausweisung kleinerer Konzentrationsflächen abgeraten hatte. Auf die Begründung hierfür ging Stadtkämmerer Willibert Darius noch einmal ein, indem er auf das Kriterium der nötigen "Ausschlusswirkung" verwies. Was bedeutet: Nur eine ausreichend große Konzentrationsfläche kann die ungewünschte "Verspargelung" der Landschaft verhindern. Dies sieht das Gutachten nur für die Birgelener Fläche als gegeben an. Darius verwies auf die von der Stadt gesetzten größeren Abstandsvorgaben zu Siedlungsbereichen von mindestens 650 Metern, die von den Kritikern angesprochenen Alternativflächen lägen mit höchstens 450 Meter weit darunter. Im Fall Birgelen betrage der Abstand 800 bis 1300 Meter zu nächsten Bebauung. Darius widersprach auch der von Naturschützern geäußerten Vermutung, die Stadt könne mit Hinweis auf Naherholung und Waldreichtum oder Einsatz von Photovoltaik Windräder ganz ausschließen. "Das Land gibt vor, dass jede Kommune der Windenergie Raum zu geben hat. Verhinderungspolitik darf keine Kommune betreiben. Der Rat kann nur steuern: durch die Ausweisung von Konzentrationsflächen mit Ausschlusswirkung."

Dr. Wolfgang Feix (Linke), der der Birgelener Konzentrationsfläche im Planungsausschuss noch zugestimmt hatte, bekannte, durch die Bürgerproteste nachdenklich geworden sein. "Wir sollten noch einmal über Alternativen nachdenken." Willibert Darius verwies zuletzt darauf, dass mit dem Beschluss des Rates die Flächennutzungsplanänderung keineswegs "durch" ist, sondern ins weitere Beteiligungsverfahren der Behörden und Bürger gehe.

(RP)
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