Wassenberg Kunst, die sich in den Weg stellt

Wassenberg · In der Betty-Reis-Gesamtschule sind derzeit Arbeiten des tschechischen Künstlers Josef Hampl ausgestellt. Sie erinnern unter anderem an das Schicksal der Juden und knüpfen an die Schenkung des Sammlers Hermann-Josef Geiser an.

 Kunstsammler Hermann-Josef Geiser im Gespräch mit den Schülerinnen der Kunst AG, die Texte zu den Bildern des Künstlers Josef Hampl geschrieben haben.

Kunstsammler Hermann-Josef Geiser im Gespräch mit den Schülerinnen der Kunst AG, die Texte zu den Bildern des Künstlers Josef Hampl geschrieben haben.

Foto: Jürgen Laaser

Schülern und Besuchern, die in diesen Tagen die Schulleitungs- und Verwaltungsräume der Betty-Reis-Gesamtschule ansteuern, stellt sich - um es mit den Worten von Schulleiterin Dr. Karin Hilgers auszudrücken - "Kunst in den Weg". Und das soll so sein. Es ist eine Einladung zum Innehalten, sich auf die Frottagen und Materialarbeiten des bekannten tschechischen Künstlers Josef Hampl (geb. 1932) einzulassen.

Die Eröffnung der "kleinen, aber feinen Schau" (Hilgers) mit 16 Arbeiten auf acht Stellwänden hat einen konkreten Hintergrund: Alle Arbeiten stammen aus der Kunstsammlung von Hermann-Josef Geiser aus Wassenberg, der der Schule im Sommer eine Grafik Hampls geschenkt hat, die in besonderer Weise einen Bezug zur Betty-Reis-Gesamtschule hat. Die RP berichtete darüber. Das heute in der Eingangshalle der Schule hängende Hampl-Werk, eine Mono-Frottage, thematisiert mit seinen von Grabsteinen des jüdischen Friedhofes in Prag abgenommenen hebräischen Schriftzeichen die Erinnerung an jüdisches Leben ebenso wie das Grauen der NS-Vergangenheit - als Appell an die Verantwortung heutiger Menschen für Frieden und gegen Ausgrenzung. Die Schule fühlt sich durch ihre Namensgeberin Betty Reis diesem Auftrag verpflichtet.

Auch die aktuelle Schau hat ihren Schwerpunkt in einer Serie von Frottagen mit dem eben beschriebenen Hintergrund: Jüdische Schriftzeichen scheinen in geometrischen Motiven durch, vor allem Kreisformen, oft auf Sockeln wie ein Denkmal präsentiert. Ähnliche Strukturen zeigen Arbeiten einer "Planeten" betitelten Serie. Schülerinnen der Kunst AG der Jahrgangsstufe 11 von den Lehrerinnen Maria Sieberg und Rufina Kreibich erkannten in den Kreisen "ein Symbol für Erde, Unendlichkeit, Vollkommenheit, für einen Schutzkreis innerhalb der Familie, für Frieden".

In einigen Bildern seien die Schriftzeichen aufgebrochen, nur als Fragment erkennbar. "Sie erinner vielleicht daran, dass Kriege, Verfolgungen, Zerstörung die Gebote Mose massiv verletzen." Bilder, die die Schülerinnen ganz im Sinne des anwesenden Sammlers und seiner Frau Sieglinde als "Mahnmal" interpretierten.

Diesen Arbeiten aus den 60er Jahren sind neuere hinzugefügt. Auch hier bleibt die Schrift, etwa in Form eines Federkiels, Thema. Zudem zeigt die Schau mit einigen kleinformatigen Textilcollagen noch eine andere Seite des Künstlers, der selbst zu Nadel, Faden, Leinen und Papier greift und an der Nähmaschine seine Arbeiten zusammenfügt.

Das Sammler-Ehepaar Geiser freute sich über "die Gedanken des Friedens und der globalen Einheit" , die die Schülerinnen mit den Hampl-Arbeiten verbunden hatten. Hermann-Josef Geiser lud interessierte Jugendliche sogar zu sich nach Hause ein, um weitere Arbeiten des Künstlers kennenzulernen.

Hampl, den Geiser persönlich kennt, gehörte zu den Akteuren des sogenannten Prager Frühlings 1968 unter der Künstlerschaft. Er musste nach dem Einmarsch der Truppen des Warschauer Pakts sein Heimatland verlassen, in dem er jedoch schon seit langem wieder lebt. Hampl lebt und arbeitet in Prag.

(RP)
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