Wassenberg Mittelalter phantastisch dargestellt

Wassenberg · Über 100 Stände, Shows und Schaukämpfe gehörten zum "Mittelalterlichen Phantasie Spectaculum".

 Spielleute, Ritter und wilde Horden versetzten ihr Publikum in Wassenberg um Jahrhunderte zurück. Dorthin war am Wochenende zum "Mittelalterlichen Phantasie Spectaculum" eingeladen.

Spielleute, Ritter und wilde Horden versetzten ihr Publikum in Wassenberg um Jahrhunderte zurück. Dorthin war am Wochenende zum "Mittelalterlichen Phantasie Spectaculum" eingeladen.

Foto: Jürgen Laaser

Am Ende ist Bruder Leonardo mehr als glücklich. "Ich bin geheilt", ruft der großgewachsene Mönch, der in seinem Kloster für die Prüfung des Messweins zuständig ist. Letztlich ist er ein Trinker. Vielmehr: Er war ein Trinker. Denn Dr. Bombastus hat ihn von seiner Abhängigkeit befreit. Mit eher unüblichen Mitteln. Denn Dr. Bombastus ist ein skurriler Typ. Verschiedene Heilmethoden hat er erfunden, die er liebend gern an seinen Patienten ausprobiert. Mit Feuer, meint er, könne er widrige Köpersäfte eintrocknen. Und eine Körperspülung helfe natürlich auch.

Der Doktor und Bruder Leonardo sind zwei Spielmänner, die zum "Mittelalterlichen Phantasie Spectaculum" gehören, das am Wochenende rund um den Bergfried und in den Wassenberger Gartenanlagen die Zeit zurück in das 13. Jahrhundert drehte. An mehr als 100 Ständen, bei Schmieden, Hornschnitzern, Spielzeugmachern und Wollspinnern, konnte sich jeder mit mittelalterlichen Accessoires eindecken. Ganze Heerlager mit Rittern und wilde Horden hatten ihre Lager aufgeschlagen und beeindruckten die Besucher - meist in mittelalterlichen Gewandungen - mit Showkämpfen. Auf zwei Bühnen traten verschiedene Mittelalter-Bands auf.

Unterhaltung soll beim Spectaculum im Mittelpunkt stehen. Das zeigt schon das Motto der Veranstalter: "nicht authentisch, sondern phantastisch". Die Spielmänner Dr. Bombastus und Bruder Leonardo finden das treffend. Auch sie wollen ihr Publikum unterhalten. Und das ist bei den Aufführungen ihres kleinen Theaters meist zahlreich. Der Doktor heißt eigentlich Lutz Jahr (56). Bruder Leonardo heißt Christian Bechinger (52). "Es ist schon mehr ein Festival mit mittelalterlichem Charakter", sagt Jahr. Das Vergnügen stehe im Vordergrund. Nicht alles muss historisch korrekt sein. Wobei sie natürlich auch recherchierten: Auf die Idee mit der Körperspülung hat ihn ein altes Arzt-Buch gebracht. Er trägt einen langen Mantel, wie ein mittelalterlicher Arzt. Bechinger trägt eine braune Mönchskutte.

Die beiden Schauspieler leben mittelalterlich. Und sie leben vom Mittelalter. Vor zehn Jahren haben sich die zwei kennengelernt, die an der Schauspielschule in Bochum ausgebildet wurden. Seitdem sind sie gemeinsam unterwegs. Neun Monate im Jahr - vom Frühling bis zum Ende des Sommers - touren sie durch Deutschland und versetzen die Menschen mit ihrem Schauspiel in das Mittelalter. Manchmal kommen im Winter mittelalterliche Weihnachtsmärkte dazu. Etwa 6000 bis 7000 Menschen leben in Deutschland vom Geschäft mit dem Mittelalter, schätzt Lutz Jahn.

Er selbst war dabei, als die Szene entstand. Vor 30 Jahren war das, als Straßenmusiker mit Leier hat er angefangen. "Damals waren wir echte Exoten", erinnert sich Jahn. "Heute ist das gesellschaftlich etabliert." Für viele Menschen böten solche Mittelalter-Feste die Möglichkeit, einmal auszusteigen. Für die Schauspieler selbst sei es nicht immer einfach, man müsse es wollen. Aber für Jahn stand immer fest: "Ich wollte immer von der Kunst leben." Und Christian Bechinger sagt: "Wenn sich Menschen über das freuen, was wir machen, dann gibt mir das so viel."

(anek)
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