Wassenberg Schulsozialarbeit immer komplexer

Wassenberg · Thomas Friedrich und Nina Faust sind in der Betty-Reis-Gesamtschule als Sozialpädagogen Ansprechpartner bei vielfältigen Schülerproblemen. Oft sind Schwierigkeiten in den Familien Ursache, wenn Jugendliche auffällig werden.

 In den Schulpausen nutzen Thomas Friedrich und Nina Faust (Hintergrund) den Kontakt zu den Schülern bei gemeinsamen Spielen in den Freizeiträumen der Betty-Reis-Gesamtschule für Gespräche. Oft kommen Schüler und Schülerinnen mit Anliegen und Sorgen hier auch auf die beiden Sozialpädagogen zu.

In den Schulpausen nutzen Thomas Friedrich und Nina Faust (Hintergrund) den Kontakt zu den Schülern bei gemeinsamen Spielen in den Freizeiträumen der Betty-Reis-Gesamtschule für Gespräche. Oft kommen Schüler und Schülerinnen mit Anliegen und Sorgen hier auch auf die beiden Sozialpädagogen zu.

Foto: J. Laaser

10.30 Uhr, Vormittagspause in der Betty-Reis-Gesamtschule, langsam füllen sich die beiden Freizeiträume im Keller des Forumsgebäudes, Spieletische und gemütliche Sitzecken laden zur (aktiven) Entspannung oder einfach zum Quatschen ein. Laura (14) und Emanuel (15) organisieren hier mit und sind dabei, die Eingangswand für eine Bemalung vorzubreiten: Schullogo und Farbkleckse für die "bunte Schule" (Schulmotto) sollen darauf erstrahlen.

Zu den Besucher(innen) gesellen sich Nina Faust (34) und Thomas Friedrich (60), sie spielen mit oder sind auch nur "einfach da", wenn jemand Redebedarf hat. Und nicht wenige Schüler(innen) nutzen das. Denn beide sind keine Lehrer, sondern gehören als Sozialpädagogen zum Kollegium. Ihre Beratungsgespräche unterliegen der Schweigepflicht. Friedrich ist bereits seit 1997 Anlaufstelle und Vermittler, wenn Schüler Probleme haben oder Lehrer im Unterricht am Verhalten von Jugendlichen spüren, dass etwas nicht stimmt.

Die Sozialpädagogen wissen, dass die Pausen-Freizeiträume auch eine Anlaufstelle für "verlorene Seelen" sind, gehen auf Einzelgänger zu, die schwer Freunde finden oder Schüler, die am Rande stehen, etwa weil sie dick sind, anders aussehen oder unsicher sind. Friedrich ist auch Streitschlichter, muss "Krawallbrüder" und "Großmäuler" auf die Schulregeln einschwören. "Problematischer sind aber die stillen Jungs, die sich nicht zu wehren wagen und dem klassischen Rollenbild Mann widersprechen", sagt Friedrich. Bei Mädchen läuft Mobbing anders ab, weiß Nina Faust, soziale Netzwerke spielen hier eine große Rolle. Gottlob haben beide Sozialpädagogen grobe Fälle von Schülermobbing in der Betty-Reis-Gesamtschule noch nicht erlebt - eher die Kategorie "Alltags-Zickerei". Die Kooperation mit der Lehrerschaft sei eng und zumeist auch sehr offen.

Während Friedrich als Vollzeitkraft arbeitet, wurde Nina Faust vor rund anderthalb Jahren befristet über das Bildungs- und Teilhabepaket des Landes angestellt und arbeitet - wie sie betont - aufgrund der komplizierten Mischfinanzierung, an der sich auch Stadt und Schule beteiligen, wöchentlich "nur" zweieinhalb Tage in der Schule. Obwohl, wie beide betonen, der Bedarf für zwei Vollzeitstellen da wäre. "Es ist enorm wichtig, dass ein Mann und eine Frau als Ansprechpartner da sind", betonen Faust und Friedrich. Denn Jungen und Mädchen haben verschiedene Problemschwerpunkte, brauchen oft unterschiedliche Ansprache und Lösungsmodelle.

Der Wandel der Gesellschaft und der Familienstrukturen macht Sozialpädagogen an Schulen heute zum unverzichtbaren Kooperationspartner der Lehrer und Eltern. Immer wieder stoßen Faust und Friedrich auf familiäre Probleme als Ursprung für Leistungsschwäche, Aggressivität, Schulverweigerung oder auch extreme Zurückgezogenheit von Schüler(innen). 60 Prozent der "Fälle" hätten familiäre Ursprünge. Zerbrechende Familienstrukturen, mangelndes Interesse der Eltern oder Überforderung, sich Erziehungsaufgaben zu widmen, werden offenbar", sagt Friedrich. Etwa zehn Fälle von Schulverweigerung erleben die Sozialpädagogen im Jahr. Sie suchen Kontakt mit den Eltern, laden zum Gespräch ein, holen Kinder bisweilen sogar persönlich zum Unterricht von Zuhause ab.

Selbstverständlich ist für die Sozialpädagogen die enge Kooperation mit Jugendämtern, dem schulpsychologischen Dienst oder auch Einrichtungen der Jugendpsychiatrie. Die Inklusion hat die Herausforderungen an die Schulsozialarbeit noch erhöht.

Der Schulalltag beginnt für beide Sozialpädagogen um 7.30 Uhr mit der Schulbusaufsicht und endet ab 15.15 Uhr wieder damit. Auch die Schulung der 50 Schüler-Busbegleiter gehört zu ihrem Aufgabenkreis. Leerlauf im Schulalltag fürchten beide nicht. Im Gegenteil: Gesprächstermine und Vermittlungsaufgaben nehmen immer mehr zu.

(RP)
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