Serie Sie Zogen In Die Welt Hinaus - Teil 4 Auf den großen Theaterbühnen zu Hause

Erkelenz · Die Theaterschauspielerin Marika Adam (61) vermittelt ihr Wissen in Wien als Professorin an Konservatorien. Sie stammt aus Dalheim-Rödgen.

DALHEIM-RÖDGEN In seinem Gedicht "An die Freunde" prägte Friedrich Schiller 1803 die Zeile "auf den Brettern, die die Welt bedeuten", die für jeden klassisch ausgebildeten Schauspieler eine Art Lebensmotto geworden ist. So auch für Marika Adam, die in Wien lebt und sich nicht nur als Theaterschauspielerin, sondern auch in Fernseh- und Filmproduktionen einen Namen gemacht hat. Aktuell unterrichtet sie als Professorin an den renommierten Vienna und Prayner Konservatorien in der österreichischen Hauptstadt, wo sie auch Regie führt.

Die "Bühne der Welt" aber, die erblickte Marika Adam im Wegberger Stadtteil Dalheim-Rödgen am 13. März 1954 in einem Haus auf der damaligen Hauptstraße, die sich seit der kommunalen Neugliederung 1972 Rödgener Straße nennt. "Dort aber war mein Aufenthalt recht kurz", sagt Marika Adam im RP-Gespräch, "denn meine Eltern und ich verließen Wegberg schon als ich ungefähr ein/zwei Jahre alt war". Beschäftigt hat sie sich mit dieser Dalheim-Rödgener Zeit ohne eigene Erinnerung "immer dann, wenn ich in Fernsehdokumentationen etwas übers Rheinland - speziell Remagen (wo ihre Mutter 2008 gestorben ist), Bonn, Köln Richtung Erkelenz oder Wegberg - gesehen habe, dann habe ich doch etwas in mir gespürt, war gleich interessiert. Das könnte normale Neugier oder auch Wehmut sein."

Um diese leicht-melancholische Tendenz mit realem Wissen zu füllen, dazu bedurfte es einer feinen RP-Recherche, die mit Hilfe von Thomas Düren, dem Leiter des Wegberger Stadtarchivs bald genaue Wege zeichnete: Verwaltungsinspektor Erich Adam (geb. 1918 in Radebeul/Sachsen) war am 16. April 1952 von Köln-Longerich nach Wildenrath gekommen, Ehefrau Hilda (geb. 1922 im böhmischen Budweis) folgte drei Monate später aus Clausthal. Komplett war die Familie Adam dann im April 1953 mit dem Zuzug (ebenfalls aus Clausthal) der Kinder Martina (geboren 1948) und Michael (geb. 1951). Und weil sich mit Marika ein drittes Kind ankündigte, war klar, dass die Wohnung auf der Hauptstraße 2 (jetzt Heinsberger Straße) in Wildenrath zu klein werden würde. Der Umzug nach Dalheim-Rödgen in die dortige Hauptstraße 33 (jetzt Rödgener Straße) war die logische Folge. Dort wurde Marika dann auch geboren.

Die aus dem Helpensteiner Bach aufsteigende frische Landluft durfte Marika Adam als Kleinkind aber nur 19 Monate genießen, dann verschlug es das Adam-Quintett über Koblenz nach Bonn. In der ehemaligen Bundeshauptstadt setzt dann auch die Lebenserinnerung der Drittgeborenen ein: Auf dem Weg zum Abitur am Clara-Schumann-Gymnasium schauspielerte Marika Adam schon am Stadttheater Bonn und studierte (klassisch, jazz, modern und Nationaltanz) an der Tanzakademie in Köln. Das Schauspielstudium am weltbekannten Max-Reinhardt-Seminar, der Akademie für Musik und Darstellende Kunst in Wien, beendete die Dalheim-Rödgenerin nicht nur mit dem Diplom, sondern auch mit dem Würdigungspreis des Bundesministeriums der Alpenrepublik für Wissenschaft und Kunst. Darüber freuten sich ganz sicher auch ihre Ausbilder, darunter Otto Schenk sowie die Professoren Susi Nicoletti und Samy Molcho, der weltberühmte Pantomime.

Aufmerksam auf sich gemacht hatte Marika Adam in dieser Zeit in der Produktion "Diener zweier Herren", dem bekanntesten Bühnenstück des italienischen Dramatikers Carlo Goldoni, als "Beatrice". Ihr Partner war der heutige Oscar-Preisträger Christoph Waltz als "Truffaldino". Schauspielpartner am Wiener Burgtheater, dem Marika Adam bis 1983 als festes Mitglied angehörte, waren unter anderem Klaus-Jürgen Wussow, Paula Wessely, Susi Nicoletti, Romuald Pekny, Michael Heltau, Kurt Sowinetz, Heinz Reincke, Paul Hörbiger und Johanna Matz. "Meine Regisseure waren Paul Hoffmann, Dieter Giesing, Leopold Lindtberg, Terry Hans, Hans Neuenfels, Adolf Dresen, aber auch Peter Wood oder Rudolf Steinböck", weiß Marika Adam, die diese Liste wie ein Theater-Who-is-Who fortsetzen könnte. Ebenso ihre Hauptrollen unter anderem in "Wie es Euch gefällt" (Shakespeare), "Travesties" (von Tom Stoppard), "Berührungen" (Tanzstück von Adriana Mortelliti) oder "Bunbury" (Komödie von Oscar Wilde).

Als freie Schauspielerin öffneten sich für Marika Adam ab 1983 die Vorhänge am Wiener Theater in der Josefstadt, am Theater an der Wien, an den Kammerspielen Düsseldorf, am Ernst-Deutsch-Theater Hamburg, am Deutschen Theater München oder am Stadttheater St. Gallen/Schweiz. Sommerfestspiele lockten unter anderem nach Wunsiedel, Bad Gandersheim oder Herrenhausen. In mehr als 25 ORF-, ZDF-, ARD- und RTL-Fernseh- und Filmproduktionen (unter anderem Derrick, Forsthaus Falkenau, Ein fast perfekter Seitensprung, Malina) hatte sie sich auf Regisseure verschiedenster Genres einzustellen: Michael Pfleghar, Wolfgang Glück, Dietrich Haugk, Karin Brandauer, Werner Schröter oder Peter Weck. Das Einspielen vieler Hörspiele beim Hessischen und Bayerischen Rundfunk sowie ORF-Erzählungen forderten ihr gleichfalls Konzentration und Lockerheit ab, wie auch bei Synchronarbeit, Lesungen und Werbesprechen. Die Moderation einer Samstagabendshow im Österreichischen Fernsehen (ORF) sah sie als "interessante Abwechslung".

Schließlich wechselte Marika Adam mehr und mehr die Seiten, stieg 2001 in die Regie ein. Ihre letzten beiden Produktionen waren "Frühlingserwachen" von Nuran David Calis und der "Alptraum eines Schauspielers" von Christopher Durang. Als Lehrende für Schauspiel- und Sprechtechnik sowie Musikdramatik gibt Marika Adam am "Vienna" und am "Prayner" ihre Erfahrung weiter und steht auch bekannten Schauspielern als Coach zur Verfügung. Ihre Visitenkarte trägt den Titel Universitäts-Professorin Marika Adam mit dem Zusatz KWPU - das steht für Konservatorium Wien Privat-Universität. In ihrer Geburtsurkunde steht Dalheim-Rödgen. Dazwischen liegen "nur" sechs Jahrzehnte und "zurück zu den Wurzeln" knapp 1000 Kilometer.

(hg)
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