Wegberg Ein Waschkübel voller Erinnerungen

Wegberg · Waschen war früher harte Arbeit. Rüdiger Pokall erinnert sich noch gut daran. Damit auch die Erinnerungen der Bewohner des Seniorenzentrums Wegberg wieder lebendig werden, hat er einen alten Waschkübel restauriert.

 Rüdiger Pokall und der neu bepflanzte Waschkübel im Garten des Seniorenzentrums SZB Wegberg.

Rüdiger Pokall und der neu bepflanzte Waschkübel im Garten des Seniorenzentrums SZB Wegberg.

Foto: Heinrichs Gruppe

Rüdiger Pokall erinnert sich noch genau an die Nachmittage, die er plantschend am Waschkübel verbracht hat. Fünf Jahre war er damals alt, und der Waschkübel stand im Keller seines Elternhauses in Essen. Inzwischen wohnt Rüdiger Pokall seit fast 20 Jahren in Wegberg und ist 62 Jahre alt. Aber seine Leidenschaft für alte Waschkübel ist nach wie vor ungebrochen. Deshalb konnten sich die Bewohner im Seniorenzentrum Wegberg vor wenigen Tagen über ein neues Schmuckstück in ihrem Garten freuen: Rüdiger Pokall hat einen alten Waschkübel neu zusammengebaut und bepflanzt. Es ist noch gar nicht so lange her, da stand der Waschkübel als Sperrmüll am Straßenrand - in alle seine Einzelteile zerlegt. Diana Lennertz, Leitung sozialtherapeutischer Dienst im Seniorenzentrum Wegberg, ahnte, dass Rüdiger Pokall handwerkliches Geschick besitzt: Der 62-Jährige ist gelernter Schriftsetzer.

 In alle seine Einzelteile zerlegt: So sah der Waschkübel aus, als er am Straßenrand stand.

In alle seine Einzelteile zerlegt: So sah der Waschkübel aus, als er am Straßenrand stand.

Foto: Heinrichs Gruppe

Sie fackelte nicht lange und lud den Waschkübel in ihren Kofferraum. An einem Sonntagnachmittag - Rüdiger Pokall besuchte gerade seine Mutter im SZB Wegberg - fragte sie den 62-Jährigen, ob er Interesse an einer Restauration habe. Auf die spontane Zusage folgte die Ernüchterung: "Als ich den Kübel zum ersten Mal gesehen habe, habe ich die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen", erinnert sich Rüdiger Pokall. Die Füße schief, der Metallring verbogen und es fehlte ein Brett. Da musste Rüdiger Pokall etwas dran ändern. Im Heimatstübchen des Seniorenzentrums rollte er einen Teppich als Arbeitsfläche aus, schaffte Holzleim und Schraubzwinge herbei und machte sich an die Arbeit. "Immer, wenn ich da war, spinkste der ein oder andere Bewohner um die Ecke um zu gucken, wie weit ich war", erzählt Rüdiger Pokall grinsend. Der 62-jährige orientierte sich bei seiner Arbeit an dem hellblauen Schriftzug "Rondo macht den Waschtag leicht", der wie ein Puzzle, das zusammengefügt werden muss, auf den Brettern des Waschkübels steht. Hatte er diesen Werbespruch in die richtige Reihenfolge gebracht, musste er nur noch die restlichen Bretter zusammen leimen, das verbogene Stahlband gerade biegen, das fehlende Brett bei einem Schreiner anfertigen lassen, die Bretter mit Klarlack bestreichen und die Füße festschrauben. "Die Füße sind immer noch etwas schief, aber Schönheitsfehler gibt es halt immer mal", sagt Rüdiger Pokall.

Diana Lennertz ist begeistert von dem Ergebnis. "Jede Woche veranstalten wir mit unseren Bewohnern einen Nachmittag, der unter dem Motto ,Erinnere Dich' steht. Solch ein Waschkübel rüttelt bestimmt viele Erinnerungen wach." Sei es das Auswringen der Wäsche, das Herausbürsten der Flecken oder das Einweichen der Wäsche mit Soda. Mehrere Hundert Liter Wasser wurden bei einem Waschgang damals verbraucht. "Heute natürlich undenkbar", sagt Rüdiger Pokall. Deshalb steht in seinem Keller heute auch kein Waschkübel, sondern eine herkömmliche Waschmaschine. Aber an die Badenachmittage im Waschkübel muss er trotzdem mit einem Schmunzeln hin und wieder zurückdenken.

(RP)
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