Wegberg "Gewerbliches Abwasser belastet Bürger"

Wegberg · Gewerbliche Abwasser überlasten zu bestimmten Zeitpunkten die Kläranlage Wegberg. Mit einer neuen Entwässerungssatzung soll das in Zukunft verhindert werden. Darin sind Höchstwerte für Schadstoffe festgelegt.

Die Stadt Wegberg arbeitet an einer neuen Entwässerungssatzung. Aus gutem Grund: Kürzlich hatte das Verwaltungsgericht Aachen in einem Verfahren darauf verwiesen, dass die zurzeit gültige Entwässerungssatzung der Stadt Wegberg in wesentlichen Teilen nicht dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot entspricht. Die Stadt konnte ihre Interessen vor Gericht daher nicht durchsetzen. Nun hat die Verwaltung nach eigenen Angaben einen "gerichtsfesten Entwurf" vorgelegt, den der Stadtrat am 12. Mai verabschieden soll.

Während der Diskussion über den Satzungsentwurf wurde am Dienstagabend in der Sitzung des Umweltausschusses auch die Frage aufgeworfen, warum die Abwassergebühren in Wegberg vergleichsweise hoch sind. Nach Angaben des Bundes der Steuerzahler waren nämlich in Wegberg im Jahr 2014 für einen Musterhaushalt mit 200 Kubikmeter Frischwasserverbrauch und 130 Quadratmeter versiegelte Fläche 1023,20 Euro (4,44 Euro pro Kubikmeter) zu zahlen, während in Erkelenz dafür nur 499 Euro (1,91 ™/m³), in Hückelhoven 728 Euro (3,12 ™/m³) und in Wassenberg 867,50 Euro (3,20 ™/m³) fällig wurden. Für die Freien Wähler liegt der Grund auf der Hand: "Die Gebührenzahler in der Stadt Wegberg werden durch gewerbliche Abwasserfrachten unverhältnismäßig belastet. Im Abwasserbeseitigungskonzept der Stadt Wegberg wurde hier explizit die Firma Heinen genannt", sagte Thomas Nelsbach, Fraktionsgeschäftsführer der Freien Wähler.

Dass die Kläranlage Wegberg (am Grenzlandring in Harbeck) zuletzt temporär immer wieder mal überlastet war, dokumentieren auch die Zahlen, die Technischer Beigeordneter Rudolf Fabry in der Sitzung des Umweltausschusses nannte. Demnach ist diese Kläranlage für einen Einwohnergleichwert von 48 000 ausgelegt. Der Einwohnergleichwert dient als Referenzwert der Schmutzfracht in der Wasserwirtschaft. Mit seiner Hilfe lässt sich die zu erwartende biologische Belastung von Kläranlagen abschätzen. Der Wert von 48 000 wurde nach Angaben von Rudolf Fabry in den vergangenen Jahren in Spitzenzeiten erheblich übertroffen: So wurde im Jahr 2011 eine Belastung gemessen, die einem Einwohnergleichwert von 82 372 entspricht, im Jahr 2012 von 81 327, im Jahr 2013 von 102 029 und im Jahr 2014 sogar von 161 676. "Es gibt einen Grund für diese Spitzenwerte, und den Grund kennen wir alle", sagte Fabry. Um diese Überschreitungen künftig zu verhindern, gibt es laut Fabry nur zwei Möglichkeiten: Entweder muss die Kläranlage vergrößert werden, was die Gebühren weiter steigen lassen würde, oder die erhöhte Abwasserbelastung im Kanalnetz muss reduziert werden. Im Abwasserbeseitigungskonzept der Stadt heißt es: "Sofern der Gesetzgeber die Anforderung an die Abwasserreinigung nicht weiter erhöht bzw. in der Abwasserzusammensetzung und in der Abwassermenge keine wesentlichen Veränderungen festgestellt werden, sind mittelfristig die Instandhaltung der beiden Kläranlagen Wegberg und Dalheim sowie Maßnahmen für die Kläranlage Wegberg wegen der Überlastung, unter anderem durch die Gerberei Heinen erforderlich."

Der Entwurf der neuen Entwässerungssatzung sieht nun klar definierte Höchstwerte bei den Schadstoffen vor. Für häusliches Abwasser seien diese Werte kein Problem, sagte Fabry, für bestimmte gewerbliche Betriebe allerdings sehr wohl. Diese Betriebe müssten, um der neuen Entwässerungssatzung zu entsprechen, eigene technische Mittel - zum Beispiel eine Vorklärung des Abwassers - einsetzen.

Der Stadtrat soll in der Sitzung am Dienstag, 12. Mai, die neue Entwässerungssatzung beschließen. Das empfiehlt der Ausschuss für Bauen, Umwelt und Verkehr mit 18-Ja-Stimmen, einer Nein-Stimme (Freie Wähler) und zwei Enthaltungen (FDP). Weil die neue Satzung auch die Vorgehensweise bei der Dichtheitsprüfung regelt - die Dichtigkeitsprüfung kommt, Prüfberichte werden von der Stadt aber nicht eingefordert - lehnten die Freien Wähler die überarbeitete Entwässerungssatzung ab. Die Aufnahme der Dichtigkeitsprüfung in Wasserschutzgebieten ohne Nachweis der Prüfbescheinigung verunsichere die Bürger, hieß es. Außerdem seien die Grenzwerte für die Einleitung von Schadstoffen in die Abwässer ohne Veränderung übernommen worden. Diese Höchstwerte sind den Freien Wählern nicht restriktiv genug: In Wassenberg seien diese um 50 Prozentpunkte geringer.

(RP)
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