Serie Sie Zogen In Die Welt Hinaus - Teil 2 "Ich wollte einfach mal raus aus meinem Kaff"

Erkelenz · Der Wegberger Jens Kosak ist im irischen Galway ein hochdekorierter Möbeldesigner geworden. Denkt er an Sauerbraten oder Panhas, dann schlägt sein Magen vor Heimweh allerdings Purzelbäume.

 Jens Kosak in seiner Werkstatt, mit seiner "Red Dog"-Lampe und einem Interessenten, mit Ehefrau Karla und dem Wood Marketing Federation Award 2011 sowie eine Ansicht von Galway.

Jens Kosak in seiner Werkstatt, mit seiner "Red Dog"-Lampe und einem Interessenten, mit Ehefrau Karla und dem Wood Marketing Federation Award 2011 sowie eine Ansicht von Galway.

Foto: Kosak

WEGBERG "Born in 1979 and grew up in Wegberg, Germany", so stellt sich Jens Kosak in seinem Internetauftritt unter jenskosak.com vor. Dabei erblickte er am 8. Januar vor nunmehr 36 Jahren in Neuss das Licht der Welt. Die Stadt am Rhein bedeutet für ihn aber nur einen Pflichteintrag in offiziellen Personalpapieren, "denn als ich ein Jahr war, zogen wir mit alle Mann zu Omma nach Wegberg-Dorp. Dort bin ich aufgewachsen, das ist meine Heimat. Und genau das sollen die Menschen hier in Galway wissen." Die knapp 76 000 Einwohner zählende Hauptstadt der westlichsten Provinz der Republik Irland ist seit 2003 die neue Heimat von Jens Kosak, der schmunzelnd meint: "Von hier kann man bis nach Amerika schauen."

Dass der "Wegberger Jung" nach Besuch der Grundschule und des Maximilian-Kolbe-Gymnasiums sowie einer Ausbildung als Fotograf im Neuwerker Meisterbetrieb von Stefan Schumacher in Irland landete, hatte im weitesten Sinne mit Amerika zu tun: "Ich wollte einfach mal raus aus meinem Kaff, wollte sehen, was in England oder Schottland los ist. Doch warum sollte ich in das Vereinigte Königreich gehen, das gerade mit den Amis einen bescheuerten Krieg im Irak führte." Alternative war, "auch wegen Wegbergdeutsch und Schulenglisch", das politisch gesehen neutrale Irland, "das mir schon bei einem Kurztrip mit 16 gut gefallen hatte und woher ich Erinnerung an nette Leute hatte".

 Jens Kosak in seiner Werkstatt, mit seiner "Red Dog"-Lampe und einem Interessenten, mit Ehefrau Karla und dem Wood Marketing Federation Award 2011 sowie eine Ansicht von Galway.

Jens Kosak in seiner Werkstatt, mit seiner "Red Dog"-Lampe und einem Interessenten, mit Ehefrau Karla und dem Wood Marketing Federation Award 2011 sowie eine Ansicht von Galway.

Foto: Kosak

Gebucht hatte Jens Kosak nur einen Hinflug nach Dublin und sich für längere Zeit von seinen Freunden verabschiedet. "Die haben auch Wetten abgeschlossen, wie lange ich es wohl aushalten würde - inzwischen 13 Jahre, das hatte wohl niemand auf der Agenda."

Fünf Tage reichten für Dublin, denn die Aussage eines Australiers, Galway sei erstens schöner, außerdem würde man an der Westküste eher Arbeit finden, lockte gemäß eines rheinischen Mottos "angucken kost ja nix". Und Galway gefiel dem Wegberger auf Anhieb. Arts Festival, Galway Races, Literatur-, Musik- oder Oyster-Festival erfreuten Geist, Sinne und Magen, erleichterten aber gleichzeitig die Geldbörse - "und ich kam zu der Erkenntnis, dass mich nur ein Job über das von starkem Tidenhub beeinflusste Wasser des durch die Stadt fließenden Flusses Corrib halten würde".

 Jens Kosak in seiner Werkstatt, mit seiner "Red Dog"-Lampe und einem Interessenten, mit Ehefrau Karla und dem Wood Marketing Federation Award 2011 sowie eine Ansicht von Galway.

Jens Kosak in seiner Werkstatt, mit seiner "Red Dog"-Lampe und einem Interessenten, mit Ehefrau Karla und dem Wood Marketing Federation Award 2011 sowie eine Ansicht von Galway.

Foto: Kosak

Das Vorstellungsgespräch in einer mexikanischen Burrito-Bar (Hauptspeise gefüllte Tortillas) verlief dann so:

 Jens Kosak in seiner Werkstatt, mit seiner "Red Dog"-Lampe und einem Interessenten, mit Ehefrau Karla und dem Wood Marketing Federation Award 2011 sowie eine Ansicht von Galway.

Jens Kosak in seiner Werkstatt, mit seiner "Red Dog"-Lampe und einem Interessenten, mit Ehefrau Karla und dem Wood Marketing Federation Award 2011 sowie eine Ansicht von Galway.

Foto: Kosak

Boss: "Referenzen aus der Gastronomie?"

 Jens Kosak in seiner Werkstatt, mit seiner "Red Dog"-Lampe und einem Interessenten, mit Ehefrau Karla und dem Wood Marketing Federation Award 2011 sowie eine Ansicht von Galway.

Jens Kosak in seiner Werkstatt, mit seiner "Red Dog"-Lampe und einem Interessenten, mit Ehefrau Karla und dem Wood Marketing Federation Award 2011 sowie eine Ansicht von Galway.

Foto: Kosak

Kosak: "Nein, aber ich esse gerne."

Boss: "Okay, you start tomorrow."

Daraus wurden vier Jahre, in denen Jens Kosak nicht nur viele heute noch gute Freunde und seine aus Mexiko-Stadt kommende Ehefrau Karla kennengelernt hat, sondern er spürte zunehmend das Verlangen nach einer anspruchsvolleren Herausforderung. Am Ende des einjährigen Kurses Möbeldesign im nahen Galway Institut of Technologie (GTI) wusste der Neu-Ire: "Das ist mein Ding." Dieses zu perfektionieren, bedeutete knapp 100 Kilometer über die N59 Richtung Nordatlantik nach Letterfrack am Rande des Connemara Nationalparks zu fahren, um am Galway Mayo Institute of Technology (GMIT) Möbeldesign zu studieren.

Jens Kosak saugte alles, aber wirklich alles rund um Möbel auf und sorgte im zweiten Jahr für ein Novum: Mit jetzt 30 gewann erstmals in der langen Geschichte der "Möbel-Uni" ein Wegberger die Auszeichnung als "Student Designer of the Year". Überzeugt hatte er die Jury mit einem Sperrholztisch. Ein Bett aus dem gleichen Material brachte ihm zwei Jahre später den zweiten Platz ein, während das Direktorium des Wood Marketing Federation Awards "the first prize in the Design category" verlieh.

Jetzt wurde es Zeit, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Mit nicht viel mehr als Stichsäge, Akkuschrauber und Kastenwagen hat er losgelegt, die Werkstatt hatte er in einer kleinen Garage. Auch wenn die irische Rezession das Arbeiten nicht einfacher gemacht hat, ging es für Jens-Kosak-Design (JKD) langsam, aber stetig bergauf. Gerade erst ist das "Loam" auf der Fairgreen Road eingerichtet worden. Jens Kosak ist sich sicher und stolz zugleich: "Wer nach Galway kommt, sollte das Speiserestaurant besuchen. Das war viel Arbeit, ist aber sehr schön geworden." Auf Maß angefertigte Möbel für Privatkunden und Unternehmen sind das Kerngeschäft von "JKD". Daneben gibt es auch einige kleinere Produkte wie den "Red Dog". Ein pfiffiges Design als Lampe, die als Bausatz inzwischen von Galway aus den Weg in viele Länder findet. Spaß hat Jens Kosak nach wie vor aber auch am Restaurieren von Stühlen oder Fenstern, die nicht selten aus geschichtsträchtigen irischen Epochen stammen.

Kosak will an der Gestaltung des aktuellen Zeitabschnitts mitarbeiten. Den Halt dazu sucht und findet er in Beruf und Familie, die Ende März, eine Woche nach dem St. Patricks Day (am 17. März zu Ehren des Schutzpatrons Irlands), zu dritt sein wird. Diesem Termin fiebern natürlich auch die Verwandten in Mexiko und Wegberg entgegen, zu denen Jens und seine Karla dank moderner Medien Kontakt halten. Für den Wegberger ist es auch in Irland leicht, deutsch zu leben: "Hier gibt es Aldi, Lidl und deutsches Bier. Ich arbeite mit deutschem Werkzeug und fahre deutsche Autos. Und wenn ich mal Deutsch sprechen will, ist das auch kein Problem, leben hier doch viele Landsleute."

Deutsch geht es ganz sicher im April oder Mai in Galway zu, dann kommen Jens' Eltern und Schwester, um den neuen Erdenbürger kennenzulernen. Ob die Oma dann rheinische Leckereien wie Sauerbraten oder Panhas auf den Tisch zaubern kann? Der Magen des jungen Vaters würde bestimmt vor Glück irisch-deutsche Purzelbäume schlagen.

(h.g.)
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