Wegberg Nachdenkliches übers "Loslassen"

Wegberg · Die acht Autorinnen der "Mühlenpoeten" im Aktionskreis Wegberger Mühle hatten zu einer Lesung eingeladen. Geschichten voller bewegender Erlebnisse.

 Maria Zohren gehörte zu den Akteuren der Autorenlesung.

Maria Zohren gehörte zu den Akteuren der Autorenlesung.

Foto: JL (Archiv)

Loslassen. Den geliebten VW Käfer. Die Mutter, deren Diagnose "Krebs im Endstadium" lautet. Die beste Freundin, die todkrank ist. Die Mühlenpoeten luden jetzt zu einer weiteren Lesung ein, um die kreativen Arbeiten aus der Schreibwerkstatt im Aktionskreis Wegberger Mühle einem breiten Publikum vorzustellen.

"Loslassen" lautete das beziehungsreiche Motto der gut besuchten Veranstaltung in der Wegberger Mühle. Rund zwei Stunden lang unterhielten die acht Frauen ihr Publikum, regten dabei zum Nachdenken an, gaben eigene, zum Teil sehr intime Gedanken oder Erlebnisse preis. Ehrenbürgermeisterin Hedwig Klein, Initiatorin der Mühlenpoeten, begrüßte die Zuhörer zu einem "besinnlichen Abend".

Mit der wahren Geschichte "Ein schwerer Entschluss" machte Klein selbst den Anfang. Sie beschrieb, wie sie eines Tages mittags ihre Mutter völlig aufgelöst zu Hause vorfand. Der Vater war weg. Mit dem Auto. Die Angst, er könne sich zuviel zugemutet haben nach den starken Gehirnblutungen und dem darauf folgenden Reha-Aufenthalt. Hedwig Klein machte sich auf die Suche. Am Grenzlandring, am Friedhof - vergeblich. Als sie besorgt nach Hause zurückkehrte, stand der alte VW Käfer in der Garage. Ihr Vater bat sie, den Wagen schnellstens zu verkaufen und übergab der Tochter die Schlüssel mit den Worten "Ich muss loslassen. Aber nur das Auto. Ich habe ja noch Mutter und dich".

Rosi Hüllen-Zimmermann sorgte für den passenden musikalischen Rahmen mit verschiedenen Flöten und dem Gemshorn. Wolfgang Amadeus Mozart und eine irische Weise wurden von ihr ebenso präsentiert wie das Schlaflied "Guten Abend, gute Nacht", das sie am Sterbebett ihrer krebskranken Mutter im Krankenhaus in Witten auf deren Wunsch hin spielte. "Lerne loszulassen, das ist der Schlüssel zum Glück" hatte Hüllen-Zimmermann ihren Beitrag überschrieben.

Karin Claßen erzählte die Geschichte von Opa Zimmermann, der zu PC, Laptop und anderen technischen Errungenschaften eher ein gestörtes Verhältnis hat und lieber auf seine uralte Schreibmaschine Typ "Gabriele" mitsamt Farbbändern, Tipp-Ex und Pauspapier setzt. Bis der Enkel den Opa mit dem Internet bekannt macht.

"Leichter leben" heißt das Gedicht, das Margarete Kaiser vortrug. Gabriele Klein hat als Mitglied der Wegberger Mühlenpoeten ihre Depressionen zum Thema gemacht. "Erdbeben im Kopf" - so beschrieb sie ihren Zustand, das Hin- und Hergerissensein zwischen Gabriele und ihrem Alter ego Gaby, weil sie in der Ellbogengesellschaft nicht mehr zurechtkam.

Margret Kohlen erinnerte sich an die Zeit, als ihr Sohn noch ein kleiner Junge war. Damals sei es üblich gewesen, dass Kindergartenkinder und Erstklässler allein unterwegs gewesen seien zum Kindergarten oder zur Schule. "Zwei Igel" hat Gitta Theissen-Werner ihre Kurzgeschichte über die enge Freundschaft zweier junger Frauen genannt. Zwei Spieluhren in Igelform besaßen sie schon, als sie noch in der Wiege lagen. Plötzlich erkrankt Hanne schwer. Leukämie, unheilbar. Ihre Freundin Lina will sich mit Hannes Tod nicht abfinden.

Mit "Gestern" entführte Maria Zohren nach Hamburg. In Ich-Form erzählte sie die Geschichte eines jungen Portugiesen, der an der Elbe aufwächst nach dem Tod seiner Eltern. Carlos wagt es, sich den familiären Zwängen zu widersetzen. Die Verwandten, bei denen er aufwächst, planen sogar eine arrangierte Ehe für ihn, ehe es ihm gelingt, sich zu befreien von den Erwartungen seiner Angehörigen.

Viel Applaus belohnte die acht Mühlenpoeten bei ihrer gut besuchten Lesung.

(cb)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort