Wegberg Siemens will aus ICE-Pannen lernen

Wegberg · Siemens hat die ersten neuen ICE-Züge vom Testzentrum in Wildenrath (PCW) aus an die Deutsche Bahn geliefert – mit mehr als zwei Jahren Verspätung. Beim ICx, dem nächsten Großauftrag, will Siemens neue Wege beschreiten.

 Im Siemens-Prüfzentrum für Schienenfahrzeuge Wegberg-Wildenrath (PCW), dem modernsten Zuglabor Europas, wurde die neue ICE-Generation auf Herz und Nieren geprüft. Bei Siemens firmieren die neuen ICEs unter dem Namen Velaro D.

Im Siemens-Prüfzentrum für Schienenfahrzeuge Wegberg-Wildenrath (PCW), dem modernsten Zuglabor Europas, wurde die neue ICE-Generation auf Herz und Nieren geprüft. Bei Siemens firmieren die neuen ICEs unter dem Namen Velaro D.

Foto: Siemens AG

Siemens hat die ersten neuen ICE-Züge vom Testzentrum in Wildenrath (PCW) aus an die Deutsche Bahn geliefert — mit mehr als zwei Jahren Verspätung. Beim ICx, dem nächsten Großauftrag, will Siemens neue Wege beschreiten.

 Das Prüfzentrum für Schienenfahrzeuge in Wildenrath (PCW) hat 28 Kilometer Gleisanlagen. Bis 1992 war das Gelände ein Flugplatz des britischen Militärs.

Das Prüfzentrum für Schienenfahrzeuge in Wildenrath (PCW) hat 28 Kilometer Gleisanlagen. Bis 1992 war das Gelände ein Flugplatz des britischen Militärs.

Foto: Siemens AG

Mit Hochdruck arbeitet Siemens daran, die neuen ICE-Züge an die Deutsche Bahn (DB) ausliefern zu können. Kein Wunder. Denn eigentlich sollte es schon im Oktober 2011 so weit sein. In der Dunkelheit rollten am frühen Montagabend zwei Hochgeschwindigkeitszüge des bei Siemens unter dem Namen Velaro D firmierenden Modells am Wegberger Bahnhof vorbei in Richtung des Siemens-Prüfzentrums für Schienenfahrzeuge nach Wegberg-Wildenrath (PCW). "Die Züge waren auf Testfahrt und warten darauf, von der Deutschen Bahn abgerufen zu werden", sagt Siemens-Pressesprecher Georg Lohmann.

Seit 2008 hat die Bahn 16 neue ICE-Züge der weiterentwickelten dritten Generation im Wert von insgesamt rund 530 Millionen Euro bei Hersteller Siemens bestellt. Wegen Differenzen zwischen der Deutschen Bahn, Siemens und dem Eisenbahnbundesamt kam es während des komplizierten Zulassungsprozesses immer wieder zu Verzögerungen. Außerdem traten bei Testfahrten Probleme mit der Zugsteuerung auf. Weil die neuen ICE-Züge wegen der fehlenden Zulassung nicht übergeben werden konnten und die Testgleise in Wildenrath blockierten, wurden drei ICEs im vergangenen Jahr sogar vorübergehend am Bahnhof Neuss-Holzheim "geparkt". Erst im November 2013 konnte Siemens die ersten beiden neuen ICE-Züge zu Testzwecken an die Deutsche Bahn übergeben. Einen Monat später folgten zwei weitere für den Inlandsverkehr. "Vier weitere Züge sollen demnächst folgen", sagt Siemens-Sprecher Lohmann.

Die restlichen acht der insgesamt 16 bestellten Züge wird Siemens in Absprache mit der DB zunächst für Testfahrten in Belgien und Frankreich einsetzen, um die notwendigen Zulassungen vorzubereiten. Diese Züge sollen später in mehreren Ländern verkehren. Eine Genehmigung für den grenzüberschreitenden Verkehr nach Belgien und Frankreich steht noch aus. Wann die Testfahrten erfolgreich abgeschlossen sind, ist noch offen.

Die Pannen bei der Großbestellung der DB waren für Siemens unangenehm. Deshalb gelobt das Unternehmen Besserung und hat mit Blick auf die nächste Zug-Generation (ICx) eine Arbeitsgruppe in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn eingerichtet, die Probleme rechtzeitig erkennen und lösen soll, bevor es zu Verzögerungen kommt. "Wir beschreiten damit neue Wege in der Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn", sagt Siemens-Sprecher Lohmann.

Der ICx soll das Rückgrat des zukünftigen DB-Fernverkehrs werden. Die Deutsche Bahn erteilte Siemens im Mai 2011 einen Rahmenauftrag für bis zu 300 Triebzüge. Fest bestellt sind nach Siemens-Angaben 130 ICx-Züge im Wert von insgesamt 3,8 Milliarden Euro. Den Bau weiterer 90 ICx-Züge hat das Unternehmen fest eingeplant. Danach besteht eine Option auf 80 weitere Züge.

Der ICx ersetzt ab 2017 die Intercity- und Eurocity-Flotten der Baujahre 1971 bis 1991. Der erste ICx-Zug soll im Sommer 2016 seine Runden im Wildenrather Prüfzentrum drehen. Später ist geplant, auch die Fahrzeuge des Typs ICE 1 und ICE 2 auszutauschen. Der bis zu 250 km/h schnelle ICx, der ähnlich aussehen wird wie die heutigen ICE-Züge, soll dann rund 70 Prozent des Umsatzanteils des DB-Fernverkehrs leisten.

Siemens ist derzeit dabei, das Prüfzentrum in Wildenrath, wo die neuen Zugtypen intensiv getestet werden, auszubauen. Eine vorhandene Zugbildungshalle wurde 2013 von 220 auf 410 Meter verlängert. Der Bau einer dritten, mehrere Hundert Meter langen Zugbildungshalle wird nach Angaben von Siemens-Sprecher Lohmann im Sommer 2014 abgeschlossen. "Diese Halle wird bereits mit Blick auf den ICx-Großauftrag gebaut", sagt er. Derzeit werden in Wildenrath der neue Eurostar für den Eurotunnel unter dem Ärmelkanal sowie Modelle für die Münchner U-Bahn auf Herz und Nieren getestet. Laut Siemens ist das PCW bestens ausgelastet. Die Auftragslage sei so gut, dass die Züge in Wildenrath sogar nachts auf den Testgleisen unterwegs sind.

(RP)
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