Wegberg Unter einem Dach mit Fledermäusen

Wegberg · Der Nabu-Landesverband und das NRW-Umweltministerium zeichnen fledermausfreundliche Häuser aus. Das erste im Kreis Heinsberg steht in Dalheim. Bei Familie Wingertszahn gehen die Tiere eine lockere Wohngemeinschaft ein.

 Biologe Michael Straube (r.) mit Frieda auf der Hand hat gestern das Wohnhaus von Familie Wingertszahn ausgezeichnet. Kleine Fledermäuse finden dort ein ruhiges Quartier.

Biologe Michael Straube (r.) mit Frieda auf der Hand hat gestern das Wohnhaus von Familie Wingertszahn ausgezeichnet. Kleine Fledermäuse finden dort ein ruhiges Quartier.

Foto: JÖRG KNAPPE

Frieda kann nicht fliegen. Dass sie noch lebt, verdankt sie Familie Wingertszahn. Genauer gesagt Mutter Doris. "Sie hing an der Außenwand unseres Hauses", erinnert sie sich. Frieda ist eine Breitflügelfledermaus. Die Familie, zu der auch Vater Martin und die beiden Töchter Jana (17) und Julia (15) gehören, hat sich längst mit den Tieren angefreundet. Mehr noch: Das Wohnhaus in Dalheim ist so etwas wie eine Wohngemeinschaft geworden. Sehr zur Freude des Biologen Michael Straube vom Nabu-Kreisverband Heinsberg.

Gestern stattete er der Familie einen Besuch ab. Dabei zeichnete er die vierköpfige Familie und ihr Wohnhaus zum ersten fledermausfreundlichen Haus im Kreis Heinsberg aus. Straube: "Das ist eine Aktion des Nabu Nordrhein-Westfalen. Dabei geht es darum, Menschen auszuzeichnen, die Fledermäuse im Haus haben und dulden."

Klingt verrückt, ist aber aus Sicht Michael Straubes und der Dalheimer Familie schlichtweg etwas ganz Natürliches. Familie Wingertszahn wusste nicht erst seit Frieda, dass Fledermäuse ihr Wohnhaus mitnutzen. Irgendwann stand die Sanierung des Daches an. "Wir haben Kontakt zu Michael Straube aufgenommen, um abzuklären, wann der beste Zeitpunkt für die Sanierung gegeben ist. Darüber hinaus wurde so geplant, dass die Fledermäuse weiter einen Platz im Haus finden", erklärte Martin Wingertszahn. Wer das Haus genauer betrachtet, dem fällt nirgends auf, dass es dort Einflugschneisen für die Fledermäuse gibt. "Der Haupteinflug befindet sich am Dachgiebel", sagte Straube. Zu sehen ist so gut wie nichts. Kein Wunder, "denn die Zwergfledermaus benötigt nur etwa zwei Zentimeter Platz, um in ihr Quartier zu kommen", erklärte Straube.

Bei Familie Wingertszahn leben knapp 20 Fledermäuse. "Wenn die losfliegen, wird's schon mal lauter und der Bewegungsmelder schaltet sich ein", erzählte Mutter Doris. Für die Familie sind die Tiere absolut keine Störenfriede. "Wir geben ihnen nur den Platz, für Nahrung sorgen sie ja selbst", ergänzte Vater Martin. Und da gibt es in der nahen Umgebung ein richtiges Schlaraffenland, findet Michael Straube: "Die Fledermäuse ernähren sich von Insekten, und die sind hier ausreichend zu finden. Damit gibt es hier also ideale Bedingungen für die Fledermäuse."

Zurück zu Frieda. Sie ist heute 16 Monate alt und lebt bei Michael Straube. "Warum sie flugunfähig ist, wissen wir nicht." Frieda kann bis zu sieben, acht Jahre alt werden. Die Auszeichnung zum fledermausfreundlichen Haus hat Frieda übrigens interessiert, aber auch aufgeregt mitverfolgt. Obwohl sie als Breitflügelfledermaus schon zu den größeren Arten gehört, passt sie locker auf eine Hand und bleibt doch ganz ruhig liegen. Fürs Haus gab es eine Plakette, die nun an der Eingangstür befestigt werden wird. Straube hofft auf viele Nachahmer des vom Landesumweltministerium geförderten Projektes. Immerhin will der Nabu innerhalb von drei Jahren in ganz Nordrhein-Westfalen 300 fledermausfreundliche Gebäude mit der Plakette und einer Urkunde auszeichnen. In 32 Kreisen sind es aktuell bereits 161 Gebäude.

(RP)
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