Wegberg Was tun, wenn Mutti ein Pflegefall wird ?

Wegberg · Die Pflege von Angehörigen kann zur finanziellen und seelischen Belastung werden. Damit aus der Herausforderung keine Überforderung wird, sollten Hilfen in Anspruch genommen werden. Die Pflegeberatungsstelle weiß Rat.

"Plötzlich ist alles anders..." lautete der Titel einer Informationsveranstaltung des Aktionskreises Wegberger Mühle. Zu Gast waren Gerda Hermes (52) und Jürgen Köllmann (50) von der Stabsstelle Demografischer Wandel und Sozialplanung beim Kreis Heinsberg. Der Verwaltungsfachwirt ist auch Seniorenbeauftragter und bildet gemeinsam mit der gelernten Krankenschwester und Diplom-Sozialwirtin Gerda Hermes das Team der trägerunabhängigen Pflegeberatungsstelle. Beide gaben Antworten auf die Frage was passiert, wenn ein naher Angehöriger zum Pflegefall wird.

"Wir müssen uns daran gewöhnen, dass wir in den nächsten Jahren immer mehr alte Menschen mit Rollatoren im Straßenbild sehen werden. Der demografische Wandel ist nicht aufzuhalten", sagte Jürgen Köllmann. Das Thema Pflegefall könne jeden treffen. Damit dies nicht unvorbereitet geschieht, sollte man sich laut Köllmann rechtzeitig über die Themen häusliche Pflege, Pflege im Heim, Pflegestufen oder auch finanzielle Kosten für die Angehörigen beschäftigen. Für Erstaunen sorgte er mit dem Hinweis, dass fast die Hälfte der zu Pflegenden auf Sozialhilfe angewiesen sind, weil sie nicht ausreichend Geld oder Vermögen zur Verfügung haben. Der hohe Kostenfaktor sei aber nur ein Grund, warum alte Menschen möglichst lange in ihrer häuslichen Umgebung gepflegt werden. "Es gibt kaum einen Menschen, der es sich nicht wünscht, gesund und aktiv alt zu werden und in den eigenen vier Wänden so lange wie möglich ein selbstbestimmtes und eigenständiges Leben zu führen", sagte Köllmann. Eine häusliche Betreuung und Versorgung durch qualifizierte und gut geschulte Pflegefachkräfte könne eine Heimunterbringung hinausschieben, häufig sogar bis zum Schluss vermeiden.

Im Rahmen der häuslichen Pflege wird Pflegegeld von der Pflegekasse an den Bedürftigen ausgezahlt, damit dieser eine selbst beschaffte Kraft bezahlen kann. Dabei gilt laut Köllmann grundsätzlich, dass die tatsächlich auftretenden Kosten höher sind als die Leistungen der Pflegekassen. Ein monatliches Pflegegeld erhält, wessen Pflegebedürftigkeit durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen festgestellt wurde. "Bereiten Sie Ihre Angehörigen auf dieses rund 20-minütige Gespräch bitte unbedingt intensiv vor", rät Jürgen Köllmann. In vielen Fällen sei es nämlich so, dass die Pflegebedürftigen ihre zum Teil erheblichen Einschränkungen im Alltag bei diesem Gespräch nicht einräumten und es deshalb kein oder zu wenig Pflegegeld gebe. Die Pflegesachleistungen, die einen Teil der Kosten für den ambulanten Pflegedienst abdecken, reichen je nach Pflegestufe und Alltagskompetenz des zu Pflegenden von 450 bis 1550 Euro pro Monat. Köllmann wies darauf hin, dass es im Kreis Heinsberg zwar viele Angebote im Bereich der Tagespflege gibt, aber kaum welche für die nächtliche Pflege.

An Beispielen rechneten Jürgen Köllmann und Gerda Hermes vor, welche Kosten auf unterhaltspflichtige Angehörige (Eltern oder Kinder von Pflegebedürftigen) bei unterschiedlichen Einkommensverhältnissen zukommen können. Eine besondere Bedeutung habe auch die rechtzeitige Übertragung des Hausgrundstückes auf die Kinder. Nur so seien Grundstück und Immobilien vor einem späteren Zugriff des Sozialamtes sicher. Voraussetzung sei, dass zwischen Übertragung und Eintritt der Sozialhilfebedürftigkeit mindestens zehn Jahre liegen. "Der Gesetzgeber plant, diese Frist noch in dieser Legislaturperiode zu verlängern", sagte Köllmann.

Das Thema "Plötzlich ist alles anders..." war im Aktionskreis Wegberger Mühle von Ehrenbürgermeisterin Hedwig Klein angestoßen worden. Durch ihre seelsorgerische Tätigkeit für die Pfarrei St. Martin komme sie häufig mit Menschen zusammen, die einschneidende Erlebnisse in ihrem Leben verarbeiten müssten, sagte sie. Sie habe die Erfahrung gemacht, dass es beim Thema Pflege, "über das bei jedem Geburtstag gesprochen wird", erheblichen Informationsbedarf gebe.

(RP)
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