Wermelskirchen Ängste um Wertverlust und vor Ghettos

Wermelskirchen · Die zweistündige Bürgerinformation zur Unterbringung von Flüchtlingen mit rund 200 Besuchern verlief in sachlicher Atmosphäre. Die Stadtverwaltung stellte vorher klare Regeln zur Deeskalation auf - die Versammlung wurde gefilmt.

 Sandra Mahlkow schlug die Erarbeitung eines Konzeptes vor, das auch deutschen Familien mit geringerem Einkommen die Möglichkeit gibt, in die geplanten Gebäude einzuziehen: "Diese Mischung würde Integration vereinfachen."

Sandra Mahlkow schlug die Erarbeitung eines Konzeptes vor, das auch deutschen Familien mit geringerem Einkommen die Möglichkeit gibt, in die geplanten Gebäude einzuziehen: "Diese Mischung würde Integration vereinfachen."

Foto: Moll

Ein im Vorfeld befürchteter Eklat blieb aus: In weiten Teilen ruhig-besonnener Atmosphäre - Applaus dann und wann störte den Ablauf der Veranstaltung nicht - verlief die Bürgerinformation zum neuen Unterbringungskonzept von geflüchteten Menschen im Bürgerzentrum. Die Stadtverwaltung informierte konzentriert und gegliedert über ihre Vorhaben im ehemaligen Polizeigebäude am Bürgerzentrum sowie auf den städtischen Grundstücken Asterweg, Kenkhausen und Eckringhausen. Rund 200 Interessierte waren gekommen. Die Standorte Thomas-Mann- oder Eichholzer Straße standen nicht zur Debatte.

Wohl auch vor dem Hintergrund der Anfeindungen gegen ihn durch Rechtsradikale im Internet (wir berichteten) drohte Bürgermeister Rainer Bleek als Moderator gleich zu Beginn der Versammlung mit der Nutzung seines Hausrechts: "Ich dulde keine rassistischen oder menschenverachtenden Äußerungen." Um möglichen Entgleisungen vorzubeugen, stellte die Stadtverwaltung deutliche Regeln auf: Wortmeldungen waren nur mit vorheriger Namensnennung und am Mikrofon möglich. Obendrein verwies Bleek darauf, dass die Bürgerinformation gefilmt werde - Zwischenrufe aus der anonymen Masse sollten unterbunden werden. "Das sind einfache Spielregeln zur Deeskalation, so benehmen sich die Menschen erfahrungsgemäß besser", kommentierte Hauptamtsleiter Jürgen Scholz die Maßnahmen im Gespräch mit unserer Redaktion.

Besonders zum geplanten Standort in Eckringhausen, wo die Stadt drei Häuser zur Unterbringung von maximal 24 Flüchtlingen bauen will, entbrannte eine Diskussion. Anwohner brachten ihre Sorge zum Ausdruck, dass sich hier in Kombination mit den geplanten Wohnungen in Hilfringhausen durch die räumliche Nähe eine sogenannte Ghettobildung abzeichnet. Jürgen Scholz hielt dagegen: "Bitte nicht das Wort ,Ghettobildung' benutzen, das erinnert mich an ganz dunkle Zeiten. Wir versuchen grundsätzlich, an keinem Standort die maximal mögliche Personenanzahl auszunutzen. Und wir stehen mit der Politik in der Diskussion, ob Hilfringhausen und Eckringhausen als ein Standort mit damit dann maximal 40 Flüchtlingen zu sehen sind."

Zu Kenkhausen und Belten betonte Rainer Bleek allerdings: "Da liegen 700 Meter Abstand dazwischen - das ist beim besten Willen nicht ein Standort." Die Bürger Hilde Rüdiger und Roland Schneider sehen für sich als Anlieger in Kenkhausen einen Image- und Wertverlust sowie die "Gefahr für die Entwicklung zu einem problematischen Standort" (Schneider) voraus. Dazu Bleek: "Niemand hat ein Recht darauf, dass in seinem Umfeld nichts mehr passiert. Dann könnten wir jegliche Form der Stadtentwicklung ad acta legen."

Sorge um wegfallende Parkplätze durch die Bebauung des städtischen Grundstückes am Sportplatz Asterweg trieb Anwohner Hans Schmidt um: "Wir haben dort ohnehin zu wenig Parkplätze, dieses Grundstück diente bislang als Ausgleich." Harsch antwortete daraufhin Jürgen Scholz: "Unsere primäre Aufgabe ist die Unterbringung der Flüchtlinge, nicht die Verbesserung der Parksituation." Schmidts Nachbar Bernhard Streuff bedankte sich bei den Verantwortlichen der Stadtverwaltung für die "Bewältigung einer Mammut-Aufgabe" und appellierte an sie: "Halten Sie während der Bauphase und danach Kontakt zu uns Anwohnern."

(sng)
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