Abisturm Angehende Abiturienten als begehrtes Fotomotiv

Wermelskirchen · Niemand weiß warum, aber alle machen mit. Bereits die Zulassung zum Abitur reicht aus, um das Gymnasium "auf links" zu drehen. "Das hat einfach Tradition", bestätigen Schüler und Lehrer.

 Gut, dass es heute Handys gibt: Schnell zur Hand, und alles wird für die "Nachwelt" festgehalten.

Gut, dass es heute Handys gibt: Schnell zur Hand, und alles wird für die "Nachwelt" festgehalten.

Foto: Jürgen Moll

Zur Tradition gehört, dass die Schule verbarrikadiert wird. Diesmal mit Kartons und rot-weißen Absperrbändern. Einige Mehlbomben sind bereits explodiert, und die Schule ist an diesem Tag ein riesiger Müllhaufen. Kurz vor dem Sturm versucht die Schulleiterin Marita Bahr, den Abiturienten den Ablauf der Prüfungen nahe zu bringen. Dann werden die Qualifikationen, die Zulassungen zum Abitur verteilt. Einige werden es kaum so richtig mitbekommen haben, denn bereits einen Abend vorher gab es Party.

"Es gibt doch nichts Schöneres als angetrunkene Kinder", seufzt ein Lehrer im Vorübergehen. Auf seinem Weg sammelt er von einem Schüler noch ein Fläschchen Jägermeister ein. "Mensch, lass' es doch. Du weißt doch, dass das nicht in die Schule gehört." Der Schüler trollt sich nach draußen. Schade um den schönen Schnaps, wird er wohl gedacht haben. Feiern, feiern, feiern. Das ist in dieser Zeit angesagt. Vielleicht muss sich der Druck der Schule, der sich in Jahren aufgestaut hat, einfach entladen, muss einfach raus.

"Ich bin so müde vom Lernen", sagt Viktoria Klier, gesteht aber, dass immer noch Luft zum Feiern ist. Ein Grund findet sich in diesen Tagen immer. Vor der Prüfung, nach der Prüfung und zwischendurch. "Den Chemieraum haben sie ganz schön verwüstet", sagt Lehrer Christian Vorkauf. "Aber es sieht schlimmer aus, als es ist. Das lässt sich alles wieder herrichten." Draußen dröhnt die Musik, es wird getanzt, und das eine oder andere Bier gehört auch dazu. "Es kann auch mehr werden", gesteht ein junger Mann, der offenbar genau weiß, wovon er spricht. "Das Ende ist nah" verkündet ein großes Schild.

Nach der Pause stürmen die "Großen" die Schule und holen die "Kleinen" aus den Klassen. Die Barrikaden werden eingerissen, freie Bahn und raus auf den Hof. Tanzen, singen und toben mit der ganzen Schule. Einige der jüngeren Schüler schauen dem Treiben ungläubig und auch etwas neidisch zu. Schnell werden die Handys gezückt, die Party fotografiert und im Netz gepostet. "Ach, wäre ich doch auch schon so groß und könnte mitfeiern." Also durchhalten und auf das Plakat schauen. "Das Ende ist nah." Das Motto des Jahrgangs 2014 lautet "Rockabilly" und "Let's twist away". Abrocken und sich wegtanzen. Und vielleicht klappt es ja sogar mit dem Abi. WALTER SCHUBERT

(wsb)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort