Wermelskirchen Beim SPD-Treffen sind zwei Drittel für eine neue Groko

Wermelskirchen · Für die Vorsitzende des Wermelskirchener SPD-Ortsvereins, Petra Weber, war diese Tendenz zuvor nicht absehbar: Zwei Drittel der knapp 30 Anwesenden bei einem nicht-öffentlichen Mitgliedertreffen in der Gaststätte "Centrale" sprachen sich für den Eintritt der Sozialdemokraten in die Große Koalition (Groko) aus. "Im Vorfeld schien das Meinungsbild genau umgekehrt zu sein", sagte Petra Weber nach dem Treffen auf Anfrage unserer Redaktion.

 SPD-Fraktionsvorsitzender Jochen Bilstein.

SPD-Fraktionsvorsitzender Jochen Bilstein.

Foto: Moll (Archiv)

Nach Einschätzung des SPD-Stadtratsfraktionsvorsitzenden, Jochen Bilstein, ist die sich bei der "Probeabstimmung" abzeichnende, mehrheitliche Pro-Groko-Abstimmung der Wermelskirchener Parteigenossen eine Frage von Machbarkeit: "Die Groko ist von niemandem ein Herzenswunsch. Wir tun das, was nötig ist, um eine starke und verlässliche Regierung für Deutschland zu schaffen."

Weber und Bilstein zeigten sich einig, dass die Mitglieder lebhaft, temperamentvoll und sachlich diskutiert hätten: "Man spürte, dass sich keiner die Entscheidung beim Mitgliedervotum leicht macht."

Die Vorsitzende des 115 Mitglieder starken Ortsvereins bekennt sich als Politikerin, die "eigentlich gegen die Groko" ist, sagte aber: "Es gibt keine andere Option." Sie wolle nicht davon sprechen, "froh zu sein" angesichts des augenscheinlichen Pro-Groko-Votums der Sozialdemokraten in Wermelskirchen: "Ich bin bestenfalls froh, dass es durch die Groko vorerst keine Neuwahlen gibt." Denn klar sei: Die SPD werde nach zwei Jahren der Großen Koalition ihre Regierungsbeteiligung auf den Prüfstand stellen. Im Moment müsse die SPD ihrer Verantwortung gegenüber dem Wahlergebnis gerecht werden. "Eine Minderheitsregierung in Berlin wäre sicherlich spannend, aber das will Merkel nicht", meinte Weber. Bei der Diskussion der Mitglieder hätten die Kritiker des Koalitionsvertrages bemängelt, dass die SPD-Forderungen nur in Ansätzen durchgesetzt wurden. Als Beispiele nannte Weber die Themen sachgrundlose Befristung von Arbeitsverhältnissen, die Bürgerversicherung oder den Familiennachzug von geflüchteten Menschen. Genau so wenig habe die SPD die Erhöhung des Spitzensteuersatzes festschreiben können: "Im Groko-Vertrag sind sehr kleine Schritte in die richtige Richtung."

 SPD-Ortsverbandsvorsitzende Petra Weber.

SPD-Ortsverbandsvorsitzende Petra Weber.

Foto: SPD (archiv)

Mit der Beschreibung "kleinschrittig" stieß Jochen Bilstein ins gleiche Horn: "Wenn die Große Koalition kommt, hat sich die SPD Zeit gekauft." Denn das Land und die SPD bräuchten Zukunftskonzepte. Bilstein weiter: "Wir sind nicht mehr die Arbeiterpartei, weil es die historische Arbeiterschaft gar nicht mehr gibt. Wir brauchen zum Beispiel eine im Kern sozialdemokratische Antwort auf die Gesellschaft 4.0." Zudem müsse sich die SPD auf Bundesebene personell neu aufstellen, wie es auch die CDU zur Zeit auf den Weg brächte. "Das dauert natürlich einige Jahre", räumte Bilstein ein.

Letztlich gibt das Resümee des SPD-Mitgliedertreffs ein Stimmungsbild ab: Denn alle Sozialdemokraten geben ihre Ja- oder Nein-Stimme beim parteiinternen Votum zur Groko geheim ab. "Wir haben hier keine verhärteten Fronten. Egal, wie das Votum ausgeht, können wir vor Ort vernünftig weiter arbeiten", sagte Petra Weber abschließend.

(sng)
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