Wermelskirchen Betrug nicht nachzuweisen - Verfahren eingestellt

Wermelskirchen · Der 27-jährige Angeklagte machte einen kompetenten Eindruck: Er verteidigte sich selbst. Das Amtsgericht warf ihm vor, für knapp anderthalb Monate Arbeitslosengeldunterstützung zu Unrecht bezogen zu haben. Er hatte 421 Euro Unterstützung bekommen, obwohl er bereits eine neue Arbeitsstelle angetreten hatte. "Das ist so nicht richtig", sagte der Angeklagte. Letztlich konnte der Sozialbetrug nicht nachgewiesen werden, das Verfahren wurde unter Auflage eingestellt.

Sobald er die neue Stelle als Pizzafahrer angetreten hatte, sei der Angeklagte beim Jobcenter gewesen und habe es dort angezeigt. Ob er etwas Schriftliches über seine Anstellung habe, wollte der dortige Sachbearbeiter wissen. Der Angeklagte verneinte. Sein Arbeitgeber zahlte ihm seinen Lohn stets in bar. Schriftliche Unterlagen darüber hatte er darüber trotz mehrfachen Bittens von seinem Arbeitgeber nicht bekommen. "Ohne etwas Schriftliches brauchen sie hier gar nicht wiederzukommen", habe der Sachbearbeiter ihn belehrt, sagte der Angeklagte. Was also tun? Der Arbeitgeber vertröstete ihn stets auf seinen Steuerberater. Doch der rührte sich nicht. Deshalb habe der Angeklagte nach rund sechs Wochen gekündigt und sofort einen neuen Job gefunden. Und dann sei ihm die Anklage ins Haus geflattert.

Das Gericht hatte als Zeugin eine Mitarbeiterin der Arbeitsagentur geladen. Sie hatte den Steuerberater um schriftliche Auskunft gebeten, bevor sie den vermuteten Sozialbetrug an die Justiz weitergeleitet hatte. Bei ihrer Befragung stellte sich heraus, dass sie nicht mit Bestimmtheit sagen konnte, ob der Steuerberater dem Angeklagten auch die Schriftstücke über seine Anstellung zugesandt hatte. Eine entsprechende Verpflichtung habe für ihn nicht bestanden. Außerdem wusste die Zeugin nicht, wie das Jobcenter bei mündlichen Mitteilungen eines Arbeitnehmers reagiert. "Unsere Arbeitsagentur benötigt keine schriftlichen Unterlagen über die Aufnahme einer Beschäftigung", sagte sie. Der Kunde sei allerdings verpflichtet, seine Arbeitsaufnahme beim Jobcenter und bei der Arbeitsagentur anzuzeigen. Offensichtlich existierten keine internen Kommunikationswege zwischen beiden Institutionen, sagte dazu der Angeklagte.

"Eigentlich müssten wir weitere Zeugen hören: das Jobcenter und den Steuerberater", sagte die Richterin. Angesichts der geringen Schuld, der Geständigkeit des Angeklagten und seiner Bereitschaft, die 421 Euro zu erstatten, wollte sie den Justizaufwand gering halten. Offensichtlich sei der Angeklagte zwischen die Mühlen des Arbeitgebers, des Steuerberaters, des Jobcenters und der Arbeitsagentur geraten, sagte sie. Der Vorwurf des Betrugs sei nicht zweifelsfrei nachzuweisen.

(bege)
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