Lothar Vandenherz Brandermittler nicht immer erfolgreich

Wermelskirchen · Nach dem Feuer im Rathausfoyer haben wir mit einem Brandexperten über dessen Arbeit und Motivation gesprochen.

 Zu einem Großeinsatz rückte die Feuerwehr im Juni 2015 nach Dhünn aus. Dort stand ein Wohnhaus in Flammen. Als die Feuerwehr in der Hofschaft Am Walde eintraf, brannte es auf allen Etagen bereits in voller Ausdehnung.

Zu einem Großeinsatz rückte die Feuerwehr im Juni 2015 nach Dhünn aus. Dort stand ein Wohnhaus in Flammen. Als die Feuerwehr in der Hofschaft Am Walde eintraf, brannte es auf allen Etagen bereits in voller Ausdehnung.

Foto: radermacher

Nehmen wir an, es hat gebrannt und die Ursache ist unklar. Was passiert dann? Fahren Sie direkt mit Blaulicht hin?

Vandenherz Wir haben ein spezielles Fahrzeug für Brandermittlungen, das mit diversem technischen Gerät, darunter auch Blaulicht ausgestattet ist. In der Regel ist es so, dass keine besondere Eilbedürftigkeit für die Brandermittler besteht, zum Brandort zu kommen - es müssen also keine Sonderrechte in Anspruch genommen werden.

Wie gehen Sie am Brandort vor?

Vandenherz Ein polizeilicher Grundsatz ist es, sich einmal einen Gesamtüberblick über die Situation und die Örtlichkeit zu verschaffen, um den Blick zu fokussieren. Bei Brandsachen versuchen wir zu klären, wieso es gebrannt hat. Wir klären ab, ob der Brand durch natürliche Umstände entstanden ist - etwa Gewitter oder Selbstentzündung, zum Beispiel bei der Heu-Ernte. Ebenso denkbar wäre ein technischer Defekt, was häufig bei Fahrzeugbränden der Fall ist. Letztlich müssen wir auch recherchieren, ob eine Person den Brand verursacht hat - dabei ist es dann natürlich von Bedeutung, inwieweit vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln vorlag.

Wie dokumentieren Sie Ihre Ermittlungen?

Vandenherz Die Ermittlungen werden nicht nur schriftlich, sondern umfangreich auch fotografisch dokumentiert und entsprechend kommentiert. Bilder können schriftliche Darstellungen eindrücklich ergänzen. Insoweit sind Bildberichte natürlich sehr hilfreich, wenn strafbares Verhalten vorliegt und es später zu Gerichtsverhandlungen kommt.

Wie sieht ein ganz normaler Tagesablauf bei Ihnen aus?

Vandenherz Jeder Polizist informiert sich zu Dienstbeginn über die aktuelle Situation. Man wird also bei einem Gespräch oder in Form unseres "Lagebildes" über die aktuelle Situation unterrichtet. Das ermöglicht die weitere Tagesplanung. Als Kommissariatsleiter habe ich eher administrative Aufgaben zu erledigen, ich habe eine koordinierende Funktion.

Wie zeitaufwendig ist Ihre Arbeit?

Vandenherz Da in unserer Dienststelle sehr viele Sachgebiete angesiedelt sind, die ein sofortiges Handeln bedingen, ist der Zeitaufwand dafür nicht gering. Ich sichte die Neueingänge und leite sie an die Kollegen zur weiteren Bearbeitung. Im Bedarfsfall erörtere ich mit ihnen konkret anstehende Ermittlungshandlungen. Später sichte ich auch die Ermittlungsvorgänge meiner Kollegen, ob sie sachgerecht bearbeitet wurden, bevor diese an andere Dienststellen, etwa die Staatsanwaltschaft, übersandt werden.

Werden Sie immer gerufen, wenn es brennt?

Vandenherz Grundsätzlich erhalten wir Kenntnis über alle Brandsachen. In jedem Fall informiert uns die Leitstelle unmittelbar bei aktuellen Gebäudebränden. Wir bewerten dann, ob ein unmittelbarer Einsatz der Brandermittler sinnvoll und geboten ist. Man muss sich ja nicht in jedem Fall direkt zum Brandort begeben, zumal dieser ja zum Beispiel aufgrund der noch andauernden Löscharbeiten oder wegen starker Rauchentwicklung noch gar nicht betreten werden kann.

Wenn alles verbrannt ist, was hilft Ihnen dann bei den Ermittlungen?

Vandenherz Dass alles total verbrennt, ist eher die Ausnahme. Aber man muss auch eingestehen können, dass man bei einem starken Zerstörungsbild unter Umständen nicht in der Lage ist, eine Brandursache zu ermitteln.

Was sind klassische Hinweise und Indizien, die Ihnen weiterhelfen?

Vandenherz Bei Gebäudebrand helfen uns die Angaben von Zeugen - also Aussagen der Feuerwehr, der Geschädigten, der Anwohner und Passanten. Außerdem erkennt man bei der Besichtigung des Brandortes viele Details. Wir sehen Rauchfahnen auf dem Mauerwerk, abgeplatzten Putz, unterschiedlich stark verkohltes Holz. Das alles lässt Rückschlüsse auf den Ausgangspunkt des Feuers zu, weil man aufgrund des Zerstörungsgrades - denken Sie an verkohlte Holzbalken eines Dachgerüstes - verifizieren kann, in welchem Bereich es länger gebrannt haben muss.

Wie geht's weiter, wenn Sie wissen, wo das Feuer ausgebrochen ist?

Vandenherz Haben wir den Brandausgangsbereich lokalisiert, untersuchen wir den Brandschutt eingehender, zum Beispiel nach Brandbeschleuniger oder technischen Geräten. Von Bedeutung sind auch die Angaben von Zeugen und die dort befindlichen Einrichtungsgegenstände. Wir versuchen, uns ein Bild davon zu machen, wie es ursprünglich dort ausgesehen haben muss.

Warum sind Sie Brandermittler?

Vandenherz Ich denke, dass Feuer auf viele Menschen eine faszinierende Wirkung hat. Dem kann ich mich nicht entziehen. Insoweit hatte ich, als ich zur Kripo gewechselt war, die Brandermittlungen auch im Visier meiner gewünschten Tätigkeiten. In Wermelskirchen konnte ich mich von einem erfahrenen Kollegen in dieses interessante Aufgabengebiet einweisen lassen. Es ist ein Sachgebiet, in dem man sehr eigenständig arbeiten kann, weil Vorgesetzte auf diesem Sektor verständlicherweise meist nur über begrenztes Wissen verfügen. Außerdem kann und muss man, je nach Sachlage, akribisch arbeiten und Puzzle-Teile zusammenfügen.

Was macht den Beruf so spannend?

Vandenherz Der Polizeiberuf als solcher ist interessant und abwechslungsreich. Wenn es um konkrete Einsatzlagen geht, dann ist er aus Sicht eines Kriminalbeamten manchmal auch spannend. Sonst erledigt ein Ermittler seine Tätigkeit doch eher gelassen und routiniert, so dass vielleicht allenfalls mit Zielrichtung auf erfolgreiche Ermittlungen etwas Spannung aufkommt. Es gibt aber sicherlich spannendere Tätigkeiten bei der Polizei als die des Brandermittlers.

Wie gehen Sie persönlich mit den Schicksalen um, die Sie in Ihrem Beruf erleben?

Vandenherz Man muss bei der Berufswahl überlegen, womit man konfrontiert werden könnte. Ein Polizist sollte sensibel sein, das viel zitierte "Gespür" haben. Einerseits wollen wir als Ermittler ja Straftäter ermitteln, andererseits wollen wir aber auch anderen helfen. Man muss lernen, dass man sich das Schicksal anderer nicht zu eigen machen darf, weil man ggf. seine eigene Handlungsfähigkeit einbüßt. Inzwischen können Polizisten nach besonders belastenden Ereignissen professionelle Hilfe in Anspruch nehmen - das ist gut. Ich habe aufgrund eigener Schicksalserlebnisse gelernt, wie wichtig es ist, Dinge zu relativieren, nach dem Motto "Es gibt immer noch Schlimmeres". Darüber hinaus helfen ein gutes Betriebsklima, eine intakte Familie, gute Freunde und Hobbies, belastende Ereignisse zu ertragen.

HENNING RASCHE FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort