Traditionsberuf Bäcker Brot und Brötchen von Hand geformt

Wermelskirchen · Seit drei Generationen wird im Familienbetrieb von Stephan Gosse durch handwerkliche Produktion Qualität garantiert. Er leitet die Bäckerei seit 1984. Seine Stammkunden kommen nicht nur aus Dabringhausen. Der 50-Jährige liebt seinen Beruf.

 Stephan Gosse bereitet den Teig für die Brötchen vor. Alles in Handarbeit.

Stephan Gosse bereitet den Teig für die Brötchen vor. Alles in Handarbeit.

Foto: Moll

Wermelskirchen Der Duft frischgebackener Brötchen zieht auch sonntags durch das Ladenlokal an der Altenberger Straße. Ab 7 Uhr steht den Kunden ein großes Sortiment an Brötchen, Brot, Teilchen und Torten zur Auswahl. "Die Wochenenden sind unsere umsatzstärksten Tage", sagt Stephan Gosse, der den Familienbetrieb seit 1985 erfolgreich leitet. Den Sonntagsverkauf führte er 1994 ein, um konkurrenzfähig zu bleiben. "Kein Handwerk hat so viel Wandel erlebt wie das Bäckerhandwerk", erzählt er. Deshalb sei es wichtig, sich immer wieder auf die neuen Gegebenheiten einzustellen. "Viele Stammkunden kommen nur wegen uns nach Dabringhausen."

Das Bäckerhandwerk hat eine lange Tradition. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde Brot zu Hause oder in kleinen Bäckereien gebacken. Heute fertigen riesige Teigrührmaschinen, Fließbänder und automatische Backöfen unser Brot. Nur wenige Backstuben produzieren noch nach alter Tradition und Handwerkskunst. In der Bäckerei Gosse in Dabringhausen wird seit drei Generationen von Hand gefertigt.

Die handwerkliche Produktion garantiert dabei die Qualität der Produkte. Nur wenige Maschinen finden sich in der Backstube. Brot und Brötchen werden noch von Hand geformt und mit einem Brotschieber, dem sogenannten "Schießer", aus dem Ofen geholt. Stephan Gosse zählt zu den wenigen Bäckern, denen es mit nur einem Betrieb gelingt, wirtschaftlich zu arbeiten. "Eine 40-Stunden-Woche habe ich natürlich nicht", sagt der 50-Jährige und lacht. Er liebt seinen Beruf und jede Tätigkeit, die damit zusammenhängt. Deshalb habe er auch kein Problem dann zu arbeiten, wenn andere ihre Freizeit genießen. "Wir fangen um drei Uhr morgens an, aber unsere Auszubildenden müssen erst um fünf Uhr in der Backstube stehen."

Das frühe Aufstehen sei ihm nie schwergefallen. Schon als Kind wollte er Bäcker werden, um irgendwann in die Fußstapfen seines Vaters und Großvaters treten zu können. "Ein Schreibtischjob kam für mich nie in Frage." Als 14-Jähriger fuhr er mit seinem Opa im Verkaufswagen durch die Dörfer und besserte damit sein Taschengeld auf. "Mir hat das Spaß gemacht, weil ich den Kundenkontakt sehr mochte", sagt Stephan Gosse. Er erinnert sich gerne an seine Kindheit, in der es oft auch hektisch zuging. Die Familie wohnte über der Backstube. "Manchmal frühstückten wir schnell im Stehen oder auch gemeinsam mit den Mitarbeitern." Der Kunde ging immer vor, aber das habe weder ihm noch seinen beiden Geschwistern etwas ausgemacht.

1982 begann er in einer Bäckerei in Wermelskirchen seine Lehre. Im Anschluss sammelte er als Volontär in einer Konditorei in Lützenkirchen Erfahrungen. Der plötzliche Tod seines Vaters und des damaligen Betriebsleiters zwang Stephan Gosse zur frühzeitigen Übernahme des Familienunternehmens. Mit einer Ausnahmegenehmigung absolvierte er direkt im Anschluss an seine Lehre die Meisterschule in Köln. "Heute kann jeder Geselle sofort die Meisterschule besuchen, aber damals war das schwierig, man musste eigentlich drei Gesellenjahre vorweisen." 1988 schloss er im Alter von 22 Jahren erfolgreich und als einer der jüngsten Meister seines Fachs die Prüfung ab.

Mehr als acht Lehrlinge hat Stephan Gosse bereits ausgebildet. Wer in seinem Betrieb lernt, ist am Ende seiner dreijährigen Ausbildung ein Allrounder im Bäckerhandwerk. "Wir sind ein kleiner Betrieb, da werden die Lehrlinge in alle Arbeiten mit eingebunden." Die Berechnung und Verarbeitung der Teige, das Dekorieren und Glasieren sowie die Herstellung von Kuchen und Torten zählen zu den Aufgaben eines Bäckers. Die Vielseitigkeit sei das Besondere in diesem Beruf.

Sandra Jablonsky absolviert ihr zweites Ausbildungsjahr in der Bäckerei Gosse und strahlt über das ganze Gesicht, während ihre Hände einen Teig kneten. "Es gibt hier nichts, was ich nicht gerne mache", schwärmt die 19-Jährige, die durch ihre private Backleidenschaft auf die Idee kam, eine Bäckerlehre zu beginnen. "Danach möchte ich noch eine Konditorlehre machen und später vielleicht meinen Meister." Zweimal in der Woche fährt sie nach Bergisch Gladbach in die Berufsschule. Dort stehen unter anderem Wirtschafts- und Betriebslehre, Lebensmittelkunde und Chemie auf dem Stundenplan. Wer den Beruf ergreifen möchte, sollte auf jeden Fall auch eine Affinität zur Mathematik haben. "Beim Wiegen, Messen und dem Berechnen von Mischverhältnissen ist die Rechenfertigkeit wichtig", erklärt Stephan Gosse.

Als ehemaliger Prüfungsvorsitzender der Bäckerinnung Bergisches Land kennt er die Anforderungen, die an die Lehrlinge gestellt werden sehr genau. Vor allem sei aber die Liebe zu dem Beruf wichtig. "Ich würde es sofort wieder machen", versichert er und bereitet mit flinken Händen den nächsten Apfelkuchenteig zu.

(köne)
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