Wermelskirchen Chor singt gegen Sprachschwierigkeiten

Wermelskirchen · Der Chor "Reharmonie" singt das Lied "Vogelhochzeit". Die zwölf Sänger und Sängerinnen lachen sich dabei schier schlapp: Bei allen klebt jeweils auf Ober- und Unterlippe eine Oblate. Von Weitem sieht es aus, als sei der Chor ein "Schnabel-Chor" - passend zum Lied. Und noch etwas Besonderes: Der Text des Liedes ist verändert. Statt: "Ein Vogel wollte Hochzeit machen ... Vidirallala" heißt es jetzt: "Wer heut' nicht mit uns singt und lacht ... bei dem stimmt was nicht." So lustig geht's zu bei dieser Chorprobe. Dabei hat so manches Mitglied eher Gründe, deprimiert zu sein.

 Chorleiterin Sibylle Hummel und die Mitglieder des Chores "Reharmonie" proben fleißig für den ersten öffentlichen Auftritt am 26. Juni.

Chorleiterin Sibylle Hummel und die Mitglieder des Chores "Reharmonie" proben fleißig für den ersten öffentlichen Auftritt am 26. Juni.

Foto: Nico Hertgen

"Reharmonie" ist der Chor für Menschen mit Aphasie und Schlaganfall in Wermelskirchen. Er richtet sich an Menschen mit Sprachstörungen und anderen Beeinträchtigungen sowie an deren Angehörige. Er gehört zum gemeinnützigen Gesangsverein MGV Niederwermelskirchen und besteht seit Februar. Das Durchschnittsalter liegt bei über 60 Jahren, aber es singen auch jüngere Menschen mit. Natürlich ist er nicht auf Wermelskirchen beschränkt, der Chor freut sich über jeden, der mitsingen möchte.

Helga Klose zum Beispiel kommt aus Remscheid. Mit dem Bus. "Die Busverbindung ist hervorragend", sagt sie. Sie möchte, wenn es geht, die Proben nicht mehr missen. "Manchmal fühle ich mich vor der Probe gar nicht gut", sagt sie. Aber danach habe sie bis jetzt immer gute Laune gehabt. "Das gemeinsame Singen in diesem Chor macht richtig Spaß", sagt auch Erika Schumacher aus Burscheid. Es sei die Wirkung der Gemeinschaft, in der alle ihr Päckchen zu tragen hätten. Während des Singens vergesse man seine Sorgen und Probleme, die lustigen Lieder trügen mit dazu bei, gute Laune zu bekommen.

"Wir können unsere Lieder selbst aussuchen", sagt sie noch und deutet auf die Chorleiterin, Sibylle Hummel. Sie ist selbst mit Freuden dabei. "Singen in der Gruppe stärkt die eigene innere Quelle der Freude und Kraft", sagt die Gesangspädagogin. In diesem Chor sei es wichtig, dass beide Gehirnhälften - die linke, die fürs Rationale zuständig ist, und die rechte, die "kreative"- durch das Singen gefordert werden. Text und Melodie arbeiten Hand in Hand. Der Chorgesang helfe durch Gemeinschaftsgefühl, Text und Musik die Funktionen des gesamten Gehirns zu fordern. Es sei auch an der Mimik der Singenden zu beobachten: Sie wirkten alle entspannt und freudig. Und das sei ansteckend. Recht hat sie: Automatisch singt jeder im Raum mit.

Am Freitag, 26. Juni, 15 Uhr, bestreitet "Reharmonie" seinen ersten öffentlichen Auftritt bei einer Aktion des Klinikums Leverkusen zur Schlaganfallprävention in Wiesdorf vor der Rathaus-Galerie. Wer Interesse hat, ist bei den Proben willkommen: jeden ersten und dritten Donnerstag im Monat, 16 bis 17.30, im Stephanus-Gemeindezentrum Hilgen-Neuenhaus (Kirchweg 13).

(bege)
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