Wermelskirchen Deppe: Schulische Inklusion soll gelingen

Wermelskirchen · Die umstrittene Bildungspolitik der rot-grünen Landesregierung hat der CDU auch im Rheinisch-Bergischen Kreis viele Stimmen beschert. Experten bezweifeln jedoch, dass die Wahlsieger nun alles anders machen werden

Kaum ein Thema hatte so früh den Landtagswahlkampf bestimmt wie der schulische Inklusionsprozess. Ein Moratorium werde kommen, hatte CDU-Chef Armin Laschet schon im Dezember letzten Jahres angekündigt. Nun scheint es, dass der künftige NRW-Ministerpräsident nicht bloß heiße Luft gemacht hat: Noch vor den Sommerferien will er gemeinsam mit der FDP die Schließung von Förderschulen stoppen. Damit würde umgesetzt, was Rainer Deppe, CDU-Landtagsabgeordneter für den Rheinisch-Bergischen Kreis, bereits kurz nach dem Wahlsieg seiner Partei der Redaktion der Bergischen Morgenpost gesagt hatte: "Es gilt unsere Zusage, dass wir bis auf Weiteres keine Förderschulen mehr schließen werden."

Das Moratorium bedeute jedoch "keine Absage an die Inklusion oder gar deren Rückabwicklung". Die CDU habe sich "nach der jetzt gewonnen Landtagswahl vorgenommen, dafür zu sorgen, dass die schulische Inklusion gelingt". Ein Moratorium sichere "die Wahlfreiheit der Eltern und wichtige Ressourcen, die in der weiteren Entwicklung der Inklusion dringend benötigt werden." Die CDU wolle, "dass sich Eltern frei entscheiden können, wo ihr behindertes Kind am besten gefördert wird."

Was nach viel Veränderung klingt, sieht der Wermelskirchener Experte Armin Himmelrath, Bildungsjournalist und Autor von zahlreichen Büchern über das deutsche Bildungswesen, skeptisch: "Es ist durchaus denkbar, dass der schulische Inklusionsprozess nach der Wahl zum Stiefkind mutiert." Erfahrungsgemäß seien Bildungsfragen gut geeignet, um damit Wahlen zu gewinnen. Nach der Wahl stelle sich oft heraus, dass es zu mühsam sei, an den Schulen alles anders zu machen. Himmelrath, der selbst drei ältere Kinder hat und sich am Gymnasium in der Elternschaft engagiert, führt als Beispiel G8 ins Feld: "Die verkürzte Gymnasialzeit war in NRW ab 2005 unter einer schwarz-gelben Landesregierung vollzogen worden." Rot-Grün habe damals mit Kritik nicht gespart. Dann sei die Abwahl von Schwarz-Gelb gekommen und alles im Prinzip weitergegangen wie bisher. Für Himmelrath zeigt sich darin auch der Stellenwert des Ministeriums für Schule und Weiterbildung in NRW: "Am Ende des Tages ist die Frage der schulischen Qualität dann doch nicht so wichtig wie Fragen, die das Finanz- oder Wirtschaftsministerium betreffen." In der Tat kommen einige angekündigte Schritte wie alte Pferde daher. Der Ausbau multiprofessioneller Teams an inklusiven Schulen, den Deppe als eine Maßnahme beschreibt, sei beispielsweise ein Prozess, der seit Jahren im Gange ist, so der Kommentar von SPD-Mann Daniel Wieneke von der Wermelskirchener Ratsfraktion. Auch "eine bessere Zusammenführung der spezifischen Kompetenzen der sonderpädagogischen Lehrkräfte und der Lehrkräfte von allgemeinen Schulen", gleichfalls eine angekündigte Maßnahme, ist aus Sicht des dreifachen Vaters, der mit einer Sonderpädagogin verheiratet ist und als Schuldezernent und Kämmerer im Ennepe-Ruhr-Kreis arbeitet, kein Novum: "Das passiert alles schon seit langem in einem Prozess von Learning by Doing, wobei hier eine bessere Unterstützung durch das Land sicherlich helfen würde. Diese Unterstützung wären vor allem weitere personelle Ressourcen. Allerdings gibt es im Moment kaum verfügbare Lehrer. Auch eine bessere Ausstattung der Schulen ist erforderlich."

Echte Veränderungen müsse in den Köpfen passieren, und das sei noch ein weiter Weg: "Wer Inklusion im Sinne der UN-Behindertenkonvention umsetzen will, darf nicht nur auf die inklusive Bildung schauen. Die Teilhabe von behinderten Menschen am gesamten Stadtleben muss selbstverständlich werden."

(ap)
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