Wermelskirchen Der doppelte Blick durchs Fenster

Wermelskirchen · Neue Ausstellung in den Räumen des Kunstvereins in Markt 9.

 Künstler Frank Weber vor einigen Werken, die er in der Kunstgalerie des Kunstvereins ausstellt.

Künstler Frank Weber vor einigen Werken, die er in der Kunstgalerie des Kunstvereins ausstellt.

Foto: Bernd Geisler

Wer hinter die Fassade blicken möchte, muss sie sich erst vorne anschauen. Frank Weber schaut sich Hausfassaden genauer an. Was dabei herauskommt, ist ab sofort bis Sonntag, 23. April, zu sehen in den Ausstellungsräumen des Kunstvereins in Markt 9. Bereits eine kurze Betrachtung anlässlich der Vernissage zu "Grau=Farbig" lieferte spannende Momente und Gedanken.

Frank Weber (57) ist Autodidakt. Er ist seit 2014 Mitglied im Kunstverein und seit Ende März dessen frisch gebackener stellvertretender Geschäftsführer. Frank Weber kreiert seine Werke seit 2011 in den Techniken Malerei, Collage und Holzdruck. Er kann bereits eine beachtliche Anzahl Ausstellungen vorweisen.

Es scheint auch in seinen Genen zu liegen: Sein Vater malte und sein Sohn Kai (29) ebenso. In Markt 9 hängen 13 Bilder in Acryl auf Leinwand. Sie sind expressionistisch angehaucht. Das kommt nicht von ungefähr: Einer der großen Vorbilder Webers ist Max Beckmann (1884 - 1950). Im Gegensatz dazu wirken Webers Werke nicht so unverblümt abgeklärt und kantig. Der expressive Hang zur Abstraktion, zum Verwischen ist hier allgegenwärtig. "Mich interessiert besonders das Marode an den Fassaden", sagt Weber. Sie geben wieder, wie es so ist im Leben: Das blühende Geflecht des Werdens wandelt sich allmählich zum verwelkenden Gebilde.

Der Abgang ist vorprogrammiert. Besonders hintersinnig zeigt's der Künstler, wenn dieser Blick auf das Marode durch ein Fenster - also von einer Position hinter einer Fassade - erfolgt. Damit sind es mit dem betrachtenden Besucher gleich zwei Personen, die durchs Fenster schauen. Der Besucher wird so mit hineingezogen. "Warte nur! Bald ruhest du auch" (Goethe) steht unvermittelt unsichtbar über das Bild geschrieben.

Die Wahrscheinlichkeit, dass der so Blickende im Bild in einer ähnlichen Bruchbude wohnt, ist groß. Da wirkt der blaue Himmel in "Fassade vor blauem Himmel" sogar um so bedrückender. Natürlich liegt wie bei jedem Kunstwerk dessen Faszination im Auge des Betrachters. Wer sich ein wenig Zeit nimmt für diese Ausstellung, den regt sie zu Geschichten an, die die Bilder erzählen können. Egal ob Straßenszene, Wohnhaus, Ladenfront oder Fahrstuhl: Wie sah alles mit jungfräulicher Fassade einst aus? Wer war der Erbauer, wer der Architekt? Welche Hoffnungen, Wünsche und Pläne waren damit verbunden? Und wie gingen sie zugrunde? Wer wohnt (noch) hinter den Fassaden? Eine fesselnde Ausstellung.

Geöffnet Jeweils mittwochs und sonntags von 15 bis 17 Uhr.

(RP)
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