Wermelskirchen Der Spielzeug-Dino von Wermelskirchen

Wermelskirchen · Wolfgang Müllenmeister ist einer der letzten Spielwaren-Einzelhändler im Bergischen Land. Er nennt sich selbst "Spielzeug-Dino". Wie schafft er es, seinen Laden im Zeitalter von Amazon zu halten? Wir haben ihn besucht.

 "Villa Kunterbunt": Wolfgang Müllenmeister ist einer der letzten Spielwarenhändler im Bergischen Land. Er verkauft in seinem Geschäft Holzwürmchen in Wermelskirchen alle Arten von Spielzeug.

"Villa Kunterbunt": Wolfgang Müllenmeister ist einer der letzten Spielwarenhändler im Bergischen Land. Er verkauft in seinem Geschäft Holzwürmchen in Wermelskirchen alle Arten von Spielzeug.

Foto: Anja Wollschlaeger

Diese oder eine ähnliche Kindheitserinnerung dürfte fast jeder haben: An Omas Hand wandert man die Einkaufsstraße entlang bis zu dem bunten Schaufenster, an dem man sich die Nase plattdrückt. Doch das ist vielen Städten Vergangenheit. Spielwarengeschäfte sind selten geworden.

Wolfgang Müllenmeister ist Inhaber des Geschäfts "Holzwürmchen" in Wermelskirchen. Um ihn herum sind Regale gefüllt mit Puppen, Brummkreiseln, Feuerwehrautos, Nachziehtieren, Playmobil und Lego. Auch er muss überlegen, wenn man ihn nach Kollegen in der Branche fragt. Natürlich, da gibt es das Geschäft von Uwe Heinhaus in Hückeswagen. Das Verhältnis der Kollegen sei bestens, sagt Müllenmeister. Doch neben diesen beiden gibt es nur wenige Fachgeschäfte für Spielzeug im Bergischen Land.

Für den 62-Jährigen ist die Konkurrenz ganz klar im Internet. Sie heißt zum Beispiel Amazon. Doch der gelernte Schreiner wäre nicht er selbst, wenn er das nicht zu nutzen wüsste: "Ich finde das Bewertungssystem von Amazon richtig gut. Ich lese mir da aber nur die schlechten Bewertungen durch." Die Preise dort kenne er: "Wenn mir ein Kunde sagt, dass er einen Lego-Kasten auf Amazon billiger gesehen hat, dann mache ich einen konkurrenzfähigen Preis und dann sage ich, dass ich die fünf Euro, die ich mehr nehme, direkt als Gewerbesteuer an die Stadt Wermelskirchen zahle." So, sagt er, bleibt das Geld im Ort.

In Müllenmeisters Geschäft kommen Eltern, Großeltern und Kinder. Sie finden alles von der Babyrassel bis zur Monster-Figur. Wie viele Artikel das "Holzwürmchen" genau im Sortiment hat? Das kann Müllenmeister gar nicht sagen. Während im Schaufenster die obligatorischen Playmobil-Figuren ausgestellt sind, liegen in den Regalen von der Holz-Kugelbahn bis zur Slimy-Dose große und kleine Spielwaren.

Bei Gesellschaftsspielen hat der Inhaber eine besondere Strategie: "Ich arbeite mit Spiele-Fans zusammen, die sich auf der Spielemesse für mich jedes Jahr umsehen." Aus den Neuheiten treffen sie eine Auswahl - und die steht dann bald samt Empfehlungs-Kärtchen im Regal.

Geschäfte wie diese werden im Bergischen immer seltener. Einen inhabergeführen Spielwarenladen sucht man zum Beispiel auf der Alleestraße in Remscheid vergebens. Dort hat die niederländische Kette Intertoys ihre knallbunte Filiale eröffnet. In Wuppertal ist die Kölner Kette Toys "R" Us Deutschland mit einer ihrer 68 Filialen ansässig. Die US-Kette hatte 2017 für Aufsehen gesorgt: Teile der Kette hatten in den USA, Kanada und Großbritannien Insolvenz angemeldet. Doch der deutsche Ableger ist nicht betroffen, erklärt Pressesprecherin Marie Heyking. Noch in diesem Jahr sollen in Sankt Augustin weitere Filialen eröffnen. In Leverkusen hält das Schreib- und Spielwarengeschäft Paffrath in Opladen die Fahne der Traditionsgeschäfte der Branche hoch, in Leichlingen hat die Kinder-Kiste im Brückerfeld ein breites Sortiment.

Daria Stottrop von der Bergischen Industrie- und Handelskammer weiß, warum sich die Fachgeschäfte so schwer tun: "Die Produkte sind absolut vergleichbar. Eine ähnliche Abwanderung ins Internet haben wir nur bei Büchern erlebt." Dabei, so Stottrop, wanderten nicht alle Kunden zu den Online-Händlern. Inzwischen vermarkten auch Drogerieketten Spielzeug. Gesellschaftsspiele wanderten in die Buchhandlungen.

Wolfgang Müllenmeister sieht die Zukunft der Branche komplett im Online-Handel: "Ich bin mir sicher, dass irgendwann nur noch Amazon als Einzelhändler übrigbleiben wird." Doch wie lange das noch dauert, will er nicht abschätzen. Für sich selbst hat er entschieden: "Ich mache weiter, bis ich 100 bin."

(RP)
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