Rainer Bleek "Die Stadt ist auf einem guten Weg"

Wermelskirchen · Der Bürgermeister über die Posse Telegrafenstraße, wichtige Bauprojekte und die Zusammenarbeit mit den Politikern.

Rainer Bleek: "Die Stadt ist auf einem guten Weg"
Foto: Jürgen Moll

Herr Bleek, wie haben Sie den Jahreswechsel verbracht?

Bleek Ich habe Silvester zu Hause mit Freunden gefeiert. Die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr habe ich genutzt, um abzuschalten und den Akku wieder aufzuladen.

Haben Sie gute Vorsätze für das 2017 gefasst?

Bleek Nein, das mache ich nicht. Privat ist es mir wichtig, die Balance zwischen stressigen und ruhigeren Zeiten hinzubekommen.

Was überwiegt: Die Motivation und Vorfreude auf ein spannendes Jahr 2017 oder der Ärger über die Posse mit der Telegrafenstraße?

Bleek Eindeutig die Vorfreude auf das neue Jahr. Und auch die Zufriedenheit nach einem ereignisreichen Jahr 2016. Aber natürlich gab es im vergangenen Jahr auch Entscheidungen wie bei der Telegrafenstraße, mit denen ich meine Schwierigkeiten habe.

Warum?

Bleek Ich orientiere mich an Fakten. Bei diesem Thema ist die Entscheidung aber weitgehend auf emotionaler Basis von einer politischen Mehrheit getroffen worden. Es wurde der Erkenntnisgewinn durch den Verkehrsversuch verweigert, es wurden gutachterliche Fakten ausgeblendet - das darf nicht sein. Inwieweit das jetzt zu einer Gegenbewegung führen wird, wird sich zeigen. Mehrere Bürger haben sich bei mir gemeldet und gefordert, die Telegrafenstraße jetzt komplett für den Autoverkehr zu sperren. Wir müssen abwarten, wie die Diskussion in der Politik nun weitergeht. Fakt ist: Wir werden Maßnahmen ergreifen müssen, um den reinen Durchgangsverkehr zu verdrängen. Wir haben eine wesentliche Chance verpasst. Es hätte jeder verstanden, wenn man gesagt hätte, dass man den Versuch ein paar Monate laufen lässt und dann auswertet. Auch die Polizei vor Ort hat leider nicht so mitgespielt, wie man das eigentlich erwarten könnte.

Wie geht es nun weiter?

Bleek Zunächst einmal muss die Politik die Ziele klar definieren. Im Moment kann ich kein Ziel in der Verkehrsplanung erkennen. Wir werden jetzt nicht schon wieder Geld in Konzepte stecken, die nicht zielgerichtet sind. Es könnte sein, dass wir dieses Thema im Arbeitskreis "Zukunft" angehen. Dort passiert sowieso noch zu wenig.

Wie bewerten Sie das Jahr 2016 für die Stadt?

Bleek Ich denke, es war ein gutes Jahr für Wermelskirchen. Wir haben etliche Projekte begonnen, die unsere Stadt nach vorne bringen. So ist zum Beispiel die Planung für ein neues Hallenbad angelaufen, am Höferhof wird ein Kunstrasenplatz gebaut und die Jugendlichen erhalten einen Freizeitpark. Auch die Umstrukturierungen in der Verwaltung werden Früchte tragen. Insgesamt sind wir in Wermelskirchen gut aufgestellt.

Was werden die wichtigsten Themen im Jahr 2017?

Bleek Zum einen sicherlich die Erweiterung der Sekundarschule, die sich über Jahre ziehen wird. Zudem müssen wir die Wirtschaftlichkeit eines Hallenbad-Neubaus darstellen. Und die Standortfrage für ein neues Bad wird auch sehr interessant. Es gibt verschiedene Überlegungen, welche städtischen Flächen wir dafür nutzen könnten.

Wie sieht es mit der Rhombus-Fläche aus?

Bleek Die kommt aus meiner Sicht nicht infrage. Wir müssten das Grundstück kaufen und womöglich noch Sanieren - das würde zu teuer. Wir müssen uns auf Flächen konzentrieren, die im Besitz der Stadt sind. Der Hallenbad-Neubau wird ein Kraftakt, aber ich bin optimistisch, dass wir ihn stemmen können.

Was wird die größte Herausforderung für die Stadt in diesem Jahr?

Bleek Sicherlich die Unterbringung der Flüchtlinge. Dieses Thema wird an erster Stelle stehen. Wir müssen handlungsfähig werden, damit wir nicht wieder Hallen für die Unterbringung schließen müssen. Aber der Markt muss es auch hergeben. Auch bei der Finanzierung muss sich etwas tun - das ist aber von der Bundes- und Landespolitik erkannt worden. Unser Problem bei der Planung ist, dass wir einfach keine verlässlichen Zahlen darüber erhalten, wie viele Flüchtlinge nach Wermelskirchen kommen.

Und nebenbei muss die Stadt auch die Finanzen in den Griff bekom-men.

Bleek Natürlich. Wir müssen die Situation bewältigen. Sparen kann aber nicht alles sein. Junge Leute ziehen fürs Studium aus Wermelskirchen weg und kommen später nicht mehr zurück. Wir müssen diese Menschen hier halten bzw. zurückgewinnen. Das funktioniert aber nur, wenn man auch investiert und sich als Stadt weiterentwickelt. Auch in der Haushaltssicherung gibt es Spielräume. Wir versuchen zudem, die Einnahmesituation zu verbessern, werden im nächsten Jahr die Gewerbegebiete "Hinter dem Hofe" und "Autobahnohr" entwickeln.

Wann erhält Dabringhausen eine Feuerwache?

Bleek Fakt ist: Wir müssen die Bedingungen für die Freiwillige Feuerwehr verbessern. Dafür sind Mittel im Haushalt eingeplant. Ich habe der Feuerwehr zugesichert, dass wir alles daran setzen, den Umzug in neue Räume zu ermöglichen - ob mit oder ohne hauptamtliche Wache, wird sich zeigen. Das wird aber wohl erst 2019 der Fall sein.

Braucht Wermelskirchen in Zukunft wieder Parkgebühren?

Bleek Wichtig ist, den dauerhaften Parkverkehr aus der Innenstadt herauszubekommen. Über dieses Thema werden wir wohl nach dem Umbau des Loches-Platzes noch einmal sprechen. Die Berechnungen, die damals in meiner Verwaltung angestellt wurden - 75.000 Euro Kosten, 33.000 Euro Einnahmen - sehe ich sehr skeptisch. Wenn es ein Minusgeschäft wäre, würden es ja viele Städte gar nicht machen. Ich weiß, dass es beim Thema Parkraumbewirtschaftung starke Widerstände in einigen Fraktionen geben wird, aber wir werden um eine Diskussion nicht herumkommen.

Welche Ziele setzen Sie sich als Bürgermeister für das Jahr 2017?

Bleek Keine anderen als im vergangenen Jahr. Ich möchte alle Projekte, die wir in Angriff genommen haben, zielgerichtet weiterentwickeln. Und was mir sehr am Herzen, ist die Stärkung des Ehrenamtes.

Braucht Wermelskirchen mehr Bürgerbeteiligung?

Bleek Ich denke, es gibt die hohen Hürden für Bürgerbefragungen zurecht. Wir haben eine repräsentative Demokratie - und die haben wir nicht umsonst. Entscheidungen setzen Informationen voraus. Wenn ich eine vernünftige Entscheidung treffen möchte, muss ich mich vorher mit dem Thema intensiv auseinandergesetzt haben. Nicht umsonst gibt es in der Politik Fachleute für verschiedene Bereiche. Jetzt zu sagen, dass deren Wissen nicht mehr gefragt ist und stattdessen einfach die Bürger befragt werden, halte ich persönlich für den falschen Weg. Die Politik hat die Verantwortung, sich zu dieser repräsentativen Demokratie zu bekennen und sich mit den Themen auseinanderzusetzen. Der Anspruch muss sein, dadurch letztlich bessere Entscheidungen zu treffen.

Trotzdem sollten die Bürger aber nicht gänzlich außen vor bleiben.

Bleek Natürlich ist es bei manchen Themen sinnvoll und unabdingbar, die Bürger mit ins Boot zu holen. In den vergangenen Wochen habe ich aber vermehrt erlebt, dass sich Politiker vor ihrer Verantwortung als gewählte Ratsmitglieder drücken. Das ist eine schlechte Entwicklung. Man muss auch Mut haben, zu einer Entscheidung zu stehen und dafür kämpfen, die Mehrheit in der Bevölkerung davon zu überzeugen. Die Telegrafenstraße war dafür ein wirklich schlechtes Beispiel.

Wie bewerten Sie die Zusammenarbeit mit dem Stadtrat?

Bleek Wir haben einen guten Austausch und arbeiten vernünftig zusammen. Wir können bei manchen Themen auch unterschiedliche Meinungen haben, ohne dass darunter die Zusammenarbeit leidet. Das Klima ist positiv. Und das ist wichtig für Wermelskirchen.

SEBASTIAN RADERMACHER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort