Wermelskirchen Ein Urgestein des bergischen Karnevals

Wermelskirchen · Willy Weber, den Solingern seit Jahrzehnten als Büttenredner und Moderator bestens bekannt, sieht den Karneval in der Klingenstadt insgesamt gut aufgestellt. Vor allem die Tradition der Tanzgruppen hebt er hervor.

Mit 75 Jahren sollte eigentlich der ganz große Schnitt kommen: "Ich hatte meiner Ehefrau versprochen, danach gar nichts mehr zu machen", erzählt Willy Weber im Hinblick auf seine vielfältigen Tätigkeiten als humorvoller Redner auf diversen launigen Karnevalsveranstaltungen in Solingen.

Ganz von seiner großen Leidenschaft ablassen kann er allerdings auch nach dem vollen Jubiläum nicht: "Ich unterstütze den Karneval, weil ich das Brauchtum schätze", sagt der inzwischen 78-Jährige. "Wenn ich gefragt werde, mache ich noch mit" - so zum Beispiel an Altweiber als Moderator des närrischen Treibens im Walder Schlauch. Auch beim Gräfrather Marktfest begrüßt er noch die Gäste in Schleifertracht. Die Bühne ist eben Webers Heimat - und das seit mehr als 60 Jahren.

"Als Ansager bei einer Veranstaltung der Arbeiterwohlfahrt hatte ich meinen ersten Auftritt", erinnert sich das Gräfrather Urgestein, das einst gemeinsam mit seinem Vater als "d´r Grute on d´r Klein" auftrat. In seinen Büttenreden schaute er dem Publikum stets aufs Maul: "D'r Dollmann", oder "d'r feine Pinkel" waren seine Alter Egos, und mit ihnen reiste Weber lange Zeit von Saal zu Saal.

"Als unsere Tochter groß war, kam meine Frau öfter mit", erklärt er. Wobei die Reisen durchaus weit sein konnten. Auch im Ruhrgebiet, in Hamburg und in München kamen seine Scherze an. "Derbe Witze, aber keine Zoten", darauf legt er Wert.

Dass die klassischen Typen-Redner auch beim Karneval inzwischen immer mehr den in Mode gekommenen Comedians Platz machen müssen, bedauert der leidenschaftliche Karnevalist durchaus. "Dadurch wird sicher einiges etwas verwässert", sagt der Vorsitzende des Stammtisches Solinger Unterhaltungskräfte.

Der Zusammenschluss zahlreicher Künstler und Humoristen der Klingenstadt organisierte in der Vergangenheit eine ganze Reihe von stimmungsvollen Festivitäten, oft auch zu wohltätigen Zwecken. Allein - es fehlt der Nachwuchs. Nur noch fünf Mitglieder gehören zum Stammtisch der Solinger Unterhaltungskräfte.

"Leider gibt es keine lokalen Büttenredner mehr", sagt Weber. Auch Parodistengruppen wie die "Drei Colonias" seien rar geworden. Ein Problem, das sich allerdings keineswegs auf das Bergische Land beschränke: "Auch im Rheinland ist es nicht so einfach", berichtet Weber von seinen Beobachtungen aus den Hochburgen des Karnevals.

Dennoch gelinge es gerade den Solinger Vereinen immer wieder, ein ansprechendes Programm auf die Beine zu stellen.

Der Karneval in der Klingenstadt habe überdies eine gute Führung, sagt Willy Weber wenige Wochen vor dem Start in die neue Session, und er lobt besonders den Festausschuss-Vorsitzenden Joachim Junker für dessen Arbeit: "Er macht das hervorragend. Und hält die Stränge innerhalb des Karnevals zusammen."

Vor allem mit Tanzgruppen sei der Karneval in Solingen bestens versorgt, freut sich Willy Weber, und verweist in diesem Zusammenhang auf die lange Tradition mit Höhepunkten wie dem Europameistertitel im Showtanz für die Tanzgruppe Wald oder deren Auftritt bei Heinz Schenks legendärem "Blauem Bock."

Der Karneval sei also in guten Händen, betont Willy Weber, der sich ausdrücklich nicht als "Künstler", sondern als "Auftrittskraft" bezeichnet. Und als solche ist er auch weiterhin bei den Jecken gefragt - nicht nur zum Beginn des Straßenkarnevals in der Klingenstadt in einigen Monaten.

(RP)
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