Wermelskirchen Ein Wortgemetzel sorgt für sarkastische Komödie

Wermelskirchen · Auch, nachdem das Theaterstück "Der Gott des Gemetzels" von Jasmina Reza im Film-Eck über die Bühne gegangen war, war der Saal trotz "Gemetzels" heil geblieben. Viele Besucher schmunzelten auf dem Weg nach draußen. Dabei hatte diese Inszenierung des Wuppertaler TalTon-Theaters unter der Regie von Michael Hans Herrmann recht wunderlich begonnen.

Dreimal (!) tauchten die vier Schauspieler des Stückes in ihren Rollen im Zuschauerraum auf, marschierten bis zur Bühne, redeten stets dasselbe drauflos und verschwanden wieder. Darauf konnte sich jeder seinen Reim machen.

Zeit dafür blieb allerdings nicht. Das Geschehen auf der Bühne nahm sofort gefangen: Das Ehepaar Véronique (Soraya Sala) und Michel Houillé (Maurice Kaeber) empfängt in seiner Wohnung das Ehepaar Annette (Angela del Vecchio) und Alain Reille (Ralf Poniewas). Der Grund: Der elfjährige Ferdinand Reille hat den gleichaltrigen Bruno Houillé mit einem Stock zwei Schneidezähne herausgeschlagen. Jetzt wollen die Eltern in beidseitigem Einvernehmen die Sache klären. Und schon prallen die Figuren - von Jasmin Reza meisterlich entwickelt - nach harmlosem Vorgeplänkel aufeinander: Die sozial engagierte Schriftstellerin Véronique provoziert mit kleinen Sticheleien. Sie will das Geldadel-Ehepaar mit Vermögensberaterin Annette und ihren Ehemann, dem Anwalt Alain, aus der Reserve locken. Handelt ihr Mann Michel doch lediglich mit Töpfen, Pfannen und WC-Spülungen.

Alain interessiert das alles nicht. Der coole Anwalt muss permanent mit seinem Handy einem Pharma-Konzern unter die Arme greifen. Sein Frau Annette fühlt sich allein gelassen und reagiert auf Véroniques Angriffen mit körperlichem Unwohlsein. Sie erbricht sich auf einen wertvollen Kunstkatalog.

Der Höflichkeitskleister fällt jetzt zunehmend in sich zusammen. Rettung liefert nur der Alkohol, den Michel überreichlich kredenzt. Allmählich fallen so die letzten Hemmungen, der Rum bewirkt, dass die gegenseitigen Entblößungen keiner mehr ernst nimmt. Auch die Ehepartner fallen übereinander her, es bilden sich paar-übergreifende Interessen: Jeder gegen jeden - das Wortgemetzel ist in vollem Gange.

Diese todernste Handlung mischt Kaeber durch witzige Bemerkungen auf, so dass es zum traurigen Vergnügen wird, die gegenseitige Metzelei auf der Bühne zu beobachten. Überhaupt: Alle vier Schauspieler legen sich gehörig ins Zeug, sie reißen mit. Sie hatten den heftigen Beifall am Ende verdient.

Und die Dramaturgie? Der dreimalige Anfang soll symbolisieren, dass, egal wie oft sie miteinander sprechen, sich die Ehepaare nicht erreichen, erläuterte Ralf Poniewas nach der Aufführung. Auf diesen wirkungslosen Wink mit dem Zaunpfahl hätte das Publikum getrost verzichten können.

(bege)
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