Wermelskirchen Flüchtlinge lernen im Berufskolleg

Wermelskirchen · Seit Donnerstag gehen elf Flüchtlinge in die neue Integrationsklasse im Berufskolleg. Dort lernen sie die deutsche Sprache und bekommen praktische Tipps. Schülern und Lehrern macht der Unterricht großen Spaß.

 Lehrerin Ilona Hauser vermittelt den Schülern in der neuen Integrationsklasse am Berufskolleg die deutsche Sprache. Und sie gibt ihnen praktische Tipps.

Lehrerin Ilona Hauser vermittelt den Schülern in der neuen Integrationsklasse am Berufskolleg die deutsche Sprache. Und sie gibt ihnen praktische Tipps.

Foto: Nico Hertgen

Deutschlehrerin Ilona Hauser geht zu jedem der neuen Schüler einzeln, gibt ihnen die Hand und begrüßt sie mit "Guten Tag". Die elf jungen Männer tun es ihr gleich, manche etwas schüchtern. Für viele ist diese Form der Begrüßung noch ungewohnt. Denn sie kommen aus unterschiedlichen Ländern - haben aber alle eins gemeinsam: Sie mussten flüchten, um ihr Leben zu retten. Jetzt suchen sie eine neue Chance hier in Wermelskirchen. "Die Schüler sind alle sehr wissbegierig und wollen etwas erreichen. Die Gruppe arbeitet bisher toll zusammen", sagt Dieter Gartmann, Klassenlehrer der neuen Integrationsklasse am Berufskolleg Bergisch Land.

Bisher gab es nur eine Integrationsklasse an der Hauptschule, die mit bis zu 40 Schülern aus allen Nähten platzte. Deshalb fragte der Kommunale Integrationsdienst der Kreisverwaltung beim Berufskolleg an, ob die Schule eine zweite Klasse anbieten könne. "Wir haben erst am Mittwoch Bescheid bekommen, dass wir die Klasse machen sollen", berichtet Gartmann. Am Donnerstag fand dann schon der erste Unterricht statt. "Da soll noch mal einer sagen, in Deutschland wäre man nicht flexibel", sagt Gartmann schmunzelnd.

Ein Großteil der neuen Schüler kommt aus Syrien, insgesamt sechs von ihnen sind aus dem von Krieg gebeutelten Land geflüchtet. Zu ihnen gehört auch Alaa, der aus der heftig umkämpften Stadt Aleppo kommt. Dort hatte Alaa schon zwei Jahre IT studiert - bis die Universität zerstört wurde. Zu den Syrern gehören auch Jesiden, die in ihrem Heimatland von der Terrorgruppe ISIS gejagt werden. Zwei Schüler kommen aus dem Irak, zwei weitere aus Somalia. Außerdem geht auch der neunzehnjährige Zacharia aus dem westafrikanischen Land Guinea in die neue Integrationsklasse. Er ist schon einige Monate hier und spielt inzwischen sogar Fußball beim SV 09/35 Wermelskirchen. "Man merkt wirklich, dass die Schüler ein großes Interesse daran haben, sich hier in Wermelskirchen einzubringen", stellt Gartmann fest.

Um ihre Ziele zu erreichen, helfen sich die Männer zwischen 18 und 23 Jahren auch gegenseitig. Als einem Iraker nicht einfällt, wie er sein Alter richtig ausspricht, sind die Mitschüler sofort zur Stelle und geben Unterstützung. Es wird viel gelacht, der Unterricht macht den Schülern und Lehrern bisher großen Spaß. "Die fröhliche Atmosphäre ist toll, und wir sind sehr froh, helfen zu können", sagt Lehrerin Özlem Filiz, die die Klasse ebenfalls unterrichtet.

Auf dem Plan stehen vier Unterrichtstage. Drei davon sind Theorie, um die deutsche Sprache und Kultur kennenzulernen. Am vierten Tag stehen praktische Dinge, wie gemeinsames Kochen und Arbeit in der Werkstatt an. "So können wir ihnen auch Tipps für das tägliche Leben mit an die Hand geben", sagt Gartmann. Außerdem lerne man die Sprache bei gemeinsamen Unternehmungen viel schneller, als nur im Unterricht. Dieser ist zunächst auf ein Jahr ausgerichtet. "Danach haben wir erste Erfahrungen gesammelt und können den Unterricht für die dann kommenden Schüler weiter verbessern", erklärt Gartmann.

Langfristig sei das Ziel, den Schülern eine Ausbildung zu ermöglichen und sie so in die Gesellschaft zu integrieren. Neben dem IT-Studenten Alaa, hat ein Iraker ebenfalls schon ein Studium angefangen - er will Architekt werden. Außerdem haben einige Schüler erste Erfahrungen als Bäcker oder Koch. Praktika seien wegen des Status der Flüchtlinge noch schwierig umzusetzen. "Die Organisation befindet sich derzeit im Aufbau. Es wäre aber toll, wenn wir irgendwann allen eine Berufsausbildung ermöglichen könnten", sagt Gartmann.

(kron)
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