Wermelskirchen Flüchtlinge spüren Unerwünschtsein

Wermelskirchen · Kritik an Behörden: Sachbearbeitern fehlt die Lebenserfahrung.

Mutter Theresa wird auf der ganzen Welt verehrt und ist auch in Deutschland hoch angesehen als Helferin der Ärmsten. Von ihr stammt der Ausspruch: "Die schlimmste Krankheit auf der Welt ist das 'Unerwünschtsein'. Es ist eine Armut des Geistes." Mit diesem Zitat begrüßte Pfarrerin Cornelia Seng das Plenum der Flüchtlingsinitiative "Willkommen in Wermelskirchen".

Flüchtlinge und auch begleitende Mitarbeiter der Initiative haben diese Erfahrung bei den Behörden gemacht. "Viele Mitarbeiter in den Behörden sind sehr jung und mit wenig Lebenserfahrung. Sie sind schlicht überfordert", sagte Seng. "Das Recht auf Menschenwürde wird häufig nicht ernst genommen." In einem Gespräch mit Bürgermeister Eric Weik, Landrat Dr. Hermann-Josef Tebroke und dem Kreis-Dezernenten Gerald Petri wurden unterschiedliche Meinungen deutlich. Während die Initiative aus christlichem Glauben und Nächstenliebe handelt, beruft sich der Landrat auf die bestehenden Gesetze.

Wo sei der Sinn, wenn sich Firmen wie Steintex oder Schulten bereit erklärten, Flüchtlinge einzustellen, die Behörden die Arbeitsstelle aber ablehnten? Warum gebe es eine Rückführung von Menschen, die teilweise seit Jahren hier lebten, die Sprachkurse und Schulen besuchten und die sogar eine Arbeitsstelle haben könnten? Warum entscheide ein Sachbearbeiter des Sozialamtes über den Besuch eines Facharztes, obwohl eine Überweisung vorliege? Und warum müssen die Menschen mit fast allen Anliegen nach Bergisch Gladbach? "Ich hatte den Eindruck, dass unsere Kontakte zu den Flüchtlingen nicht erwünscht sind. Das Gesetz ist für den Menschen da und nicht umgekehrt. Juristen wie Dr. Tebroke sehen das offenbar anders", sagte Seng.

Trotz aller Meinungsunterschiede macht die Initiative weiter, denn es gibt durchaus Erfolge. "Wir sind gerade vom Kirchentag zurückgekommen und wir spüren ein Umdenken bei den Menschen", berichteten Pfarrerin Seng und Dorothea Hoffrogge. "Dieser Entwicklung werden sich auch die Politiker langfristig nicht verschließen können."

Die Angebote der Initiative mit Treffpunkten und Sprachkursen werden gut angenommen und der Zuspruch der Bürger mit Geld- und Sachspenden ist erfreulich hoch. Mit der Politik bleibt die Initiative im Gespräch. Eine Ortsbegehung der Wohnheime in Wermelskirchen ist geplant, ein "runder Tisch" mit Bürgermeister Weik zur weiteren Diskussion ist fest vereinbart.

Verärgert zeigten sich Helfer, als bekannt wurde, dass Flüchtlinge aus Afrika oder in Syrien, die mit gespendeten Rädern unterwegs waren und Strafe zahlen sollen, weil sie in Unkenntnis der Straßenverkehrsordnung auf Gehwegen radelten oder entgegen der Einbahnstraße fuhren. Nach Berichten auf dem Treffen sollen diese Personen von der Polizei angehalten und zur Kasse gebeten worden sein. Helfer sehen dies als Diskriminierung.

(wsb)
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