Wermelskirchen Flüchtlingsinitiative -"Christ-Sein steht auf dem Spiel"

Wermelskirchen · Als sich vor genau einem Jahr die Flüchtlingsinitiative "Willkommen in Wermelskirchen" gründete, wurde beim ersten Treffen im Gemeindezentrum ein Gruppenfoto auf der Bühne gemacht. Das wäre heute nicht mehr möglich.

Zu viele Flüchtlinge und Asylsuchende sind hinzugekommen, aber auch die Anzahl der Helfer ist größer geworden. "Wie viele Flüchtlinge genau hier sind, weiß ich nicht", sagte Pfarrer Ulrich Seng. "Einige sind nur in der Erstaufnahme hier, einige sind beim Sozialamt gemeldet und dann beim Job-Center. Es wechselt ständig." "Das politische System wurde überrascht, ist überfordert und vieles ist über-geregelt", sagte Bürgermeister Rainer Bleek. "Es ist nicht nur ein langer Weg, es wird ein Marathonlauf." Er bedankte sich bei der Initiative und den vielen Ehrenamtlichen, ohne die die Arbeit nicht zu schaffen wäre.

Pfarrerin Cornelia Seng erinnerte sich an die Anfänge. "Den ersten Flüchtling habe ich in einem Gottesdienst getroffen. Der Impuls war so kräftig, dass ich etwas tun musste", sagte Seng. "Ich hatte keine Ahnung von den Asylgesetzen, aber ich habe gespürt: Christ sein steht auf dem Spiel."

Zusammen mit Dorothea Hoff-rogge entstand die Initiative, und es folgte die Erkenntnis, dass die bestehenden Gesetze nichts mit den Menschen und nichts mit der Realität zu tun hatten. "Man muss sich politisch einmischen und darf nicht alles den Behörden überlassen", sagte Seng.

Die Initiative konnte aufbauen auf der Arbeit der Caritas, der Tafel und dem offenen Mittagstisch. "So mussten wir nicht bei Null anfangen." Heute ist eine Hilfe in vielen Bereichen entstanden. Sprachkurse, Hausaufgabenhilfe, Nähkurse, Treffpunkte und verschiedene Ausflüge helfen bei der Integration. Es wird laut Seng angenommen und zeige Erfolg.

Eine syrische Familie mit zwei Kindern kam bei diesem ersten Geburtstagstreffen an den Tisch, und die Mutter konnte bereits nach einem Monat einiges in deutscher Sprache erzählen. "Hallo, mein Name ist Hanam", sagte ein weiterer Gast: Er ist der Syrer und berichtete, dass er nach einem Jahr ein bisschen Angst vor einer ersten Deutschprüfung habe.

Ganz wunderbar und mit viel Applaus bedacht wurde der musikalische Beitrag. Charles Donkor, Koordinator für Flüchtlings- und Asylarbeit im Kirchenkreis Lennep, stammt aus Ghana, lebt seit 1993 in Deutschland und hatte seine Familie und damit einen kleinen Gospelchor mitgebracht. "Halleluja, we are going to see the king", klang es durch den Saal. Seine Frau und die drei Töchter sangen traditionelle Gospelsongs mit Klavierbegleitung durch Kirchenkreiskantor Johannes Geßner.


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(wsb)
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