Wermelskirchen Geschichte der Familie Wild verfilmt

Wermelskirchen · Der Wermelskirchener Armin Dhillon hat einen Film über die Konditor-Dynastie Wild gedreht, die das gleichnamige Café in der sechsten Generation betreibt. Darin wird auch ein Stück Stadtgeschichte lebendig.

 Auf Schloss Burg wurde die Szene aus den Gründerjahren der Konditor-Familie Wild gedreht.

Auf Schloss Burg wurde die Szene aus den Gründerjahren der Konditor-Familie Wild gedreht.

Foto: startrack

Luftige Teige, feine Schokolade, zarte Cremes, frische Früchte, Nüsse, Mandeln und delikate Aromen - das ist für viele der Stoff, aus dem die Träume von süßer Schlemmerei sind. Träume von Erdbeertörtchen, Champagnertrüffel, Apfeltorte oder Käsesahne-Kreationen, die jeder zu einer schönen Kaffeestunde mitten in Wermelskirchen genießen kann - im Café Wild. Für Armin Dhillon ist dieses alteingesessene Café allerdings auch ein Stoff, aus dem Filmeträume entstehen. Und diese hat der Wermelskirchener verwirklicht: Er hat zusammen mit dem Berliner Regisseur Sven Blum einen Film über die Konditor-Kunst made in Wermelskirchen gedreht.

 $ Konditormeister Thomas Wild backt Tortenböden.

$ Konditormeister Thomas Wild backt Tortenböden.

Foto: Moll (archiv)

"WILD! Der Film - sechs Generationen Konditor-Kunst im Bergischen Land" heißt die filmische Biografie über die Familie Wild. "Weil ich ansonsten für Auftraggeber aus der Fernseh- und Filmindustrie arbeite, war es für mich verlockend, einmal eine eigene Produktion zu machen", erzählt Dhillon. Die Suche nach einer Beispielfamilie für eine Biografie führte ihn zur Familie Wild. "Der preisgekrönte, heutige Inhaber Thomas Wild hat es verstanden, auch in der sechsten Generation sein Konditor-Handwerk mit bestechender Qualität überregional zu platzieren", beschreibt Dhillon den Anreiz, gerade diese Familiengeschichte zu verfilmen.

"Als mich Armin Dhillon als Gast im Café ansprach und mich fragte, ob er einen Film über unsere Familiengeschichte drehen dürfte, dachte ich zuerst: Wo ist der Haken?", erzählt Thomas Wild, Chef des Cafés. Er habe befürchtet, dass es sich um einen Werbefilm handeln könnte und hohe Kosten auf ihn zukämen. Doch die Skepsis schwand - und die Idee des Filmemachers überzeugte die Familie Wild. Dafür opferte sie so manche Freizeitstunde. Thomas Wild trat für ein Interview vor die Kamera und erzählt von dem Erfolgsrezept einer solch langen Konditor-Tradition in einem hart umkämpften Markt. Auch ein Blick in die Backstube wird gewährt - er offenbart, welchen Wandel das Konditor-Handwerk durchlaufen hat. "Sahnetorten werden erst seit Einführung von Kühlanlagen verkauft", nennt Wild ein Beispiel. Und ausgefallene Zutaten bestellt er heutzutage einfach im Internet.

Um die Epochen der Konditorei darzustellen, ist Armin Dhillon tief in die Stadtgeschichte eingetaucht. Dokumente wurden ausgewertet, in Archiven wurde mit Hilfe der Familie Wild nach alten Rezepten gesucht. Die Zeitreise führt in die Ära nach Napoleon: 1830 hat Johann Conrad Wild das Geschäft in der Kölner Straße gegründet und mit seiner Frau Lisette aufgebaut. Die Zutatenlisten waren kleiner und bescheidener - alles war pure Handarbeit. Für eine Filmszene wurden sogar Kuchen nach alter Rezeptur gebacken. "Es gab Butter, Eier, Mehl und Zucker. Konditoren waren Zuckerbäcker, die als Hoflieferanten arbeiteten. Das gemeine Volk konnte sich das nicht leisten ", sagt Thomas Wild. Bonbons wurden gefertigt und ein sogenannter Spießkuchen, der Vorläufer des heutigen Baumkuchens, gebacken.

Rein biografisch sollte der Film nicht sein. Das Ziel war, das traditionelle Handwerk der Familie in eine spannende Erzählung zu verpacken, macht Dhillon deutlich. Gewählt wurde dafür ein dokudramatisches Format, um dem Zuschauer ein möglichst authentisches Erlebnis zu präsentieren. Dhillon: "Der Mix aus nachgespielten Szenen sowie historischen Fotos und Erinnerungen der Familie ergeben ein ganz besonderes Filmerlebnis." So wurden Szenen aus dem Gründungsjahr 1830, aus 1825 und aus den 1950er Jahren nachgestellt. Als Kulissen dienten auch Schloss Burg und das Restaurant "Villa Paulus" in Remscheid mit seinen prachtvollen Räumen. Prominente Kunden wie der Obi-Gründer Manfred Maus und Christian Lindner berichten von ihren Besuchen. Das Café sei für viele mehr als ein Ort des süßen Genusses, sondern auch ein "Ort des Treffens", schwärmt Dhillon.

Eingebettet in zeitgeschichtlichen Ereignisse erlebe man das Auf und Ab einer besonderen Familiengeschichte und ein Geschäft, das sich über mehr als 180 Jahre mit Mut, Innovationskraft und dem richtigen Gespür für die Zeit und Menschen kontinuierlich weiterentwickelt worden sei. Im Wandel der Zeit und aus dem Blickwinkel der Familie Wild nehme der Film den Zuschauer mit auf eine Zeitreise in Wermelskirchen. Armin Dhillon und Sven Blum haben nach mehr als zwei Jahren Vorbereitung und Produktion diese Familienbiografie auf 65 Filmminuten gebannt. Umgesetzt hat die Produktion ein professionelles Filmteam aus Kreativen und Technikern mit Erfahrungen aus Kino und TV. Es wirken Profi-Schauspieler und das Schauspiel-Ensemble der Laienspielgruppe Hünger mit.

Die Familie war gerührt und begeistert zugleich, als sie den Film sah. Natürlich sei er gut fürs Renommee, sagt Thomas Wild. Neben pfiffigen süßen, immer wieder neuen Kreationen gehören Umbauten und ein gutes Marketing zum Erfolgsrezept, ergänzt Seniorchef Horst Wild.

(pd)
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