Wermelskirchen Gespräch an Heiligabend auf Augenhöhe

Wermelskirchen · Die Wermelskirchener Familie Hesse lud die beiden Flüchtlinge Younes Radwan und Bashar Ali am Heiligen Abend zum gemeinsamen Essen und Feiern ein. Die beiden Syrer kennen das Fest zu Christi Geburt von Freunden aus ihrer Heimat.

 Bei einem gemeinsamen Essen verbrachten die beiden Syrer ihren ersten Heiligen Abend in Deutschland bei ihrer Wermelskirchener "Mentoren"-Familie (v.l.): Ursula und Georg Hesse, Younes Radwan und Bashar Ali sowie Klara Hesse.

Bei einem gemeinsamen Essen verbrachten die beiden Syrer ihren ersten Heiligen Abend in Deutschland bei ihrer Wermelskirchener "Mentoren"-Familie (v.l.): Ursula und Georg Hesse, Younes Radwan und Bashar Ali sowie Klara Hesse.

Foto: SINGER

Am Heiligen Abend erlebten die aus Syrien geflüchteten Bashar Ali und Younes Radwan in Sachen Festessen einen Klassiker: Bei Familie Hesse gab das beliebte Raclette. Und das wurde zuvor am Nachmittag gemeinsam zubereitet. Bashar und Younes verbrachten ihren ersten Heiligen Abend in Deutschland bei ihren "Mentoren" - der Familie von Ursula und Georg Hesse. Das Ehepaar hatte im September über "Willkommen in Wermelskirchen" (WkiWk) im "Café International" ihre "Patenkinder" kennengelernt. Mit dem Begriff "Mentor" oder "Paten" können sie aber wenig anfangen: "Der Austausch passiert auf Augenhöhe", sagt Ursula Hesse und Tochter Klara fügt hinzu: "Das ist wie eine Freundschaft."

Die 16-jährige Schülerin hatte gemeinsam mit ihrer Mutter den Stein ins Rollen gebracht und im "Café International" den Kontakt gesucht. "Die Bilder im Fernsehen haben schockiert und schockieren immer noch. Uns war schnell klar, dass Nachrichten schauen alleine nichts bringt", erinnert sich Klara. "Genau genommen haben Bashar und Younes uns gefunden", fügt Mutter Ursula hinzu.

Seitdem ist einiges passiert: Bashar und Younes haben eine Wohnung bekommen, beim Umzug und Einrichten packte Familie Hesse mit an - im Bekanntenkreis wurde organisiert, was fehlte. "Wir müssen unser Leben jetzt mehr organisieren als vorher, weil dieses Engagement eben Zeit braucht. Wir reden viel darüber", beschreibt Unternehmensberater Georg Hesse, wie sich der Familienalltag geändert hat. Und weiter: "Der persönliche Kontakt berührt anders als eine Diskussion auf abstrakter Ebene." Für Klara Hesse ist klar: "Dieser Kontakt ist total positiv. Man lernt neue Menschen kennen, man kommt persönlich weiter und neue Horizonte öffnen sich. Man darf die geflüchteten Menschen nicht einfach abstempeln - das ist schon sehr hilfreich."

Niemand dürfe zudem verkennen, dass die Flüchtlinge vieles können, Netzwerke auch über WkiWk gebildet und untereinander Freundschaften geschlossen hätten, sagt Ursula Hesse, die beispielsweise vermittelte, dass Bashar Ali zwischenzeitlich ehrenamtlich in der Dabringhauser Erstaufnahmeeinrichtung für arabischsprachige Kinder Mathematik unterrichtete.

Bashar Ali, der Arabisch und Englisch spricht und in seiner Heimat Mathematiklehrer an einer weiterführenden Schule war, lächelt bescheiden und sagt: "Dieser Austausch ist doch völlig normal, so ist das Leben."

Die langjährigen Freunde Bashar (34 Jahre) und Younes (29) entschlossen sich gemeinsam zur Flucht und legten den gefährlichen Weg auch gemeinsam zurück. Beiden ist Weihnachten nicht fremd, feierten sie doch in Syrien mit befreundeten, christlichen Familien das Fest zu Christi Geburt. Natürlich war auch Bashar Alis größter Wunsch ein prägendes Gesprächsthema am Heiligen Abend im Hause Hesse: dass seine Frau mit seinen beiden Kindern (sechs Monate und zwei Jahre) schnellstmöglich im Zuge der Familienzusammenführung nach Wermelskirchen kommen kann.

(sng)
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