Wermelskirchen Gymnasium hinterfragt das Handyverbot

Wermelskirchen · Eltern und Schüler des Städtischen Gymnasiums haben ein Konzept entworfen, dass eine Lockerung des Handyverbots vorsieht. Beschlossen ist laut Schulleiterin Marita Bahr aber noch nichts. Die Schulgremien stimmen am 23. Juni ab.

Wermelskirchen: Gymnasium hinterfragt das Handyverbot
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Die Schulen in der Stadt sind bereits seit Jahren handyfreie Zonen. Das Handyverbot war vor allem eine Reaktion auf ein rechtliches Problem. "Die Schüler fingen an, Handys als Kamera zu nutzen", sagt Marita Bahr, Schulleiterin des Städtischen Gymnasiums Wermelskirchen. Persönlichkeitsrechte wurden verletzt und Wissen darüber, was erlaubt ist und was nicht, fehlte. Die Smartphone-Nutzung habe sich kaum kontrollieren lassen, sagt Bahr, und sie spricht damit stellvertretend für viele Schulen, die infolgedessen das Nutzen von Smartphones auf dem Schulgelände verboten hatten.

Damals waren die Schulen zum Handeln verpflichtet, um Missbrauch einzuschränken. Diese Entscheidung aber ist nicht in Stein gemeißelt. Denn der technologische Fortschritt eröffnet auch ganz neue Möglichkeiten, was das Lernen angeht. Das haben Eltern und Schüler des Städtischen Gymnasiums erkannt. "Es gibt Pläne für ein neues Handykonzept", sagt Bahr. Über die Pläne stimmen die Schulgremien am 23. Juni ab.

Derzeit gilt, was die Rechtsabteilung des Schulministeriums vor zwei Jahren angewiesen hat: Schulen müssen eine Aufsicht darüber gewährleisten, dass kein Schüler jugendgefährdende Seiten aufruft. Eine utopische Vorstellung. Die Schulen waren verunsichert. "Man hat keine Chance, das zu kontrollieren", sagt Bahr. Man wolle mit den Geräten arbeiten. "Wir sind in der Schule nicht hinter dem Mond." Darum haben Eltern und Schüler gemeinsam ein Konzept entworfen. Die Idee ist eine Lockerung des Verbots. Konkret ist nichts, die Gremien entscheiden.

Die Städtische Realschule ist seit Jahren handyfreie Zone. Im Unterricht und in den Pausen bleiben die Mobiltelefone ausgeschaltet. Schulleiterin Birgit Sköries verteidigt das Verbot: "Wir wollen nicht, dass Schüler über Fotos und Videos kommunizieren, die wir nicht kontrollieren können", sagt sie. Das Mitbringen dürfe man nicht verbieten. Benutzen Realschüler ihre Handys allerdings auf dem Schulgelände, werden diese eingesammelt. Die Erziehungsberechtigten werden benachrichtigt. "Die Eltern finden das gut", betont Sköries. Realitätsfern sei das auch nicht. Dass Handys längst zum Alltag dazugehören, sei auch ihr klar. "Aber die Schülerinnen und Schüler sollen miteinander interagieren, reden und kommunizieren."

Selbst an den Grundschulen in Wermelskirchen herrscht ein Handyverbot. Ein großes Thema seien Smartphones hier zwar noch nicht, die Affinität aber steige merklich. In der Waldschule sind Smartphones nicht geduldet. Auch in der Schwanenschule herrsche "aus pädagogischen und versicherungstechnischen Gründen" ein Verbot. "Die Kinder sollen echte Spiele spielen", sagt Leiterin Katrin Wagner. Für die Kleinen, die 330 Grundschüler der Schwanenschule, scheint das auch angemessen. Für Jugendliche und selbst für Erwachsene hingegen ist das Smartphone längst ein permanenter Begleiter. Gebhard Lehr, Leiter der Gemeinschaftshauptschule Wermelskirchen, hat diese Realität erkannt: An der Hauptschule sind Handys zumindest auf dem Pausenhof erlaubt. "Die Schüler sollen lieber lernen, mit den Geräten vernünftig umzugehen. Generelle Verbote helfen da nicht", sagt Lehr. Auch in den Unterricht würden die Geräte zu Recherchezwecken eingebunden.

Dieser Tendenz könnte das Gymnasium folgen. Zumindest dann, wenn Schulpflegschaft und - in letzter Instanz - die Schulkonferenz der Lockerung zustimmen. Die Chancen stehen nicht schlecht, weil die Einbindung in den Unterricht nicht mehr mit einem sozialen Ungleichgewicht einhergehen würde: Fast jeder hat mittlerweile ein Handy. Schultablets und digitale Schulbücher scheinen eine Frage der nahen Zukunft. Die Schulen entscheiden, wann sie diese Zukunft einleiten. Die des Gymnasiums entscheidet sich Ende Juni.

(ball)
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