Wermelskirchen Hoch hinaus in Beruf und Freizeit

Wermelskirchen · Birgit Kuntze ist nicht nur als Film-Requisiteurin keine Anforderung zu hoch und zu schwierig. Auch im Privatleben ist die Karatekämpferin und Bergsteigerin eine echte Gipfelstürmerin. Sie heiratete ihren Ehemann Frank in 2962 Metern Höhe am Gipfelkreuz der Zugspitze.

Als Requisiteurin muss die Dabringhausenerin Birgit Kuntze findig wie ein Detektiv sein, um Osterhasen zur Weihnachtszeit und ähnlich "Unmögliches" zu beschaffen. Sie muss die Seriosität und Überzeugungskraft eines Bankers ausstrahlen, um auch in den Museen deren Schätze für Drehorte auszuleihen. Im Privatleben ist die sympathische, lebhafte Frau auch eine "knallharte" Karatekämpferin mit Schwarzgürtel, passionierte Bergsteigerin — und liebevolle Katzenmutter.

"Heinrich Breloer mag es blutig"

Doch ihre Tierliebe machte ihr eine der unzähligen Aufgaben für den Buddenbrook-Kinofilm jetzt auch ganz besonders zu schaffen: Sie sollte ein frisch erlegtes Reh, das noch blutete, für die Küche des Buddenbrook-Hauses beschaffen: "Ich konnte es mit meiner Tierliebe nicht vereinbaren, ein Reh schießen zu lassen", sagt Birgit Kuntze. "Aber Regisseur Heinrich Breloer wollte ganz viele Küchenszenen und die immer möglichst brutal und blutig", weiß die Requisiteurin.

Also was tun? "Ich habe meine fünf Förster angerufen, die ich kenne, und gefragt, ob sie nicht ein Reh von einem Verkehrsunfall haben, das aber noch gut aussehen muss", erzählt die Requisiteurin. Doch alle sagten ihr: "Vor einer Woche hättest du noch jede Menge solcher Rehe haben können, doch jetzt ist die Saison vorbei, sie laufen nicht mehr über die Straßen." Nun drängte die Zeit bis zum Drehbeginn: "Dann hatte ich es tatsächlich doch noch geschafft, spät abends vor dem ersten Drehtag ein Reh gebracht zu bekommen. Doch am nächsten Tag wurden die Dreharbeiten um 14 Tage verschoben." Doch auch da wusste Birgit Kuntze Rat: Sie ließ eine Riesenkühltruhe ans Film-Set schaffen, fror das komplette Reh ein und taute es pünktlich zu Drehbeginn wieder auf. Ärgerlich nur, nach all' der Mühe: Das Reh taucht in der Kinoversion gar nicht auf, "vielleicht dann aber noch in der Fernsehfassung", hofft die Requisiteurin.

Ähnlich turbulent ging's für sie und ihre Kollegen beim Weihnachtsbaumschmücken für das Buddenbrook-Haus zu. Eigens musste eine Rotfichte beschafft werden, dazu der originale Weihnachtsschmuck, der zur Biedermeierzeit verwendet wurde: "Endlich hatten wir die Tanne geschmückt. Dann kam der Regisseur, wie jeden Abend um 22 Uhr, zur Abnahme des Drehortes für den nächsten Tag, und Heinrich Breloer sagte: Schön...,aber kann ich die Tanne auch 1,50 Meter höher haben?" Birgit Kuntze schluckte, sagte Ja, wusste aber nicht, wie sie's denn bis zum nächsten Morgen zum Drehbeginn pünktlich um 8 Uhr tatsächlich auch schaffen sollte.

Kurzerhand holte sie "ihre" drei Gärtner telefonisch aus den Betten und schickte die in die nächtlichen Wälder mit dem Auftrag: "Holt mir eine vier Meter hohe, schöne, gerade und fantastisch füllige Rotfichte aus dem Wald und liefert sie bis allerspätestens 7 Uhr morgen früh am Studio in Köln ab." Und siehe da: Einer kam durch, der zweite Gärtner blieb mit seiner Tanne auf dem Kölner Ring stecken, der dritte hatte im Dunklen keinen geeigneten Baum gefunden.

Im Brautkleid in der Wand

Doch derartige Herausforderungen können Birgit Kuntze nicht nur in ihrem Berufleben nicht schrecken. Auch im Privatleben will sie als leidenschaftliche Bergsteigerin oftmals hoch hinaus. So gab sie ihrem Ehemann Frank in 2962 Metern Höhe auf der Zugspitze das Ja-Wort. Im Brautkleid, den Brautstrauß in einer Hand, mit der anderen fest am Felsen gepackt, bewältigte sie die letzten 50 Höhenmeter bis zum Gipfelkreuz. "Ich hatte vor dem Aufstieg nur meine Ballerinas vorher ausgezogen und meine Bergschuhe angezogen", schmunzelt sie. Allerdings hatten Beobachter inzwischen die Bergwacht alarmiert: "Da klettert eine Frau in einem weißen langen Kleid in der Wand herum!" Doch Birgit und Frank Kuntze kamen ohne Rettung und auch ohne Standpauke der Bergwacht davon, im Gegenteil: "Die Leute von der Bergwacht waren die Ersten, die uns zur Hochzeit gratuliert und das Abzeichen der Bergwacht angeheftet haben. Die hatten uns mit dem Fernglas beobachtet und festgestellt, dass wir erfahrene Kletterer sind."

(RP)
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