Serie Countdown Bis Zum Fest Höchste Konzentration an den Festtagen

Wermelskirchen · Seine Arbeit fängt an, wenn andere den Stress gerade hinter sich gelassen haben: Marcus Richter (37) ist katholischer Kirchenmusiker. In der Adventszeit schaltet er gern mal einen Gang zurück. Zurzeit bereitet er die Christmette vor.

 Marcus Richter bei der Probe mit dem Kirchenchor von St. Apollinaris. In der Christmette wird die "Messe de Minuit" aufgeführt.

Marcus Richter bei der Probe mit dem Kirchenchor von St. Apollinaris. In der Christmette wird die "Messe de Minuit" aufgeführt.

Foto: J.Moll

Wermelskirchen "Die Adventszeit ist im Grunde genommen genauso eine Buß- und Fastenzeit wie auch die Fastenzeit vor Ostern", betont Marcus Richter. Als hauptamtlicher Kirchenmusiker ist er für die Musik in den katholischen Gemeinden St. Michael in Wermelskirchen und St. Apollinaris in Grunewald zuständig.

"Ich versuche, das auch meinem Sohn beizubringen", erklärt der Vater des vierjährigen Lucas. "Advent heißt mehr als morgens ein Törchen im Adventskalender aufzumachen!"

Vor gut einem Monat hat er gerade ein großes Konzert mit einem Vokalensemble und in Zusammenarbeit mit dem Alte-Musik-Ensemble des ehemaligen Musikschulleiters Alfred Karnowka "über die Bühne gebracht". Verständlich eigentlich, dass er im Advent nicht gleich das nächste musikalische Event plant. "Für Adventskonzerte hatte ich nie so viel übrig", erklärt Richter, "es gibt immer und überall so viel zu hören, da brauchen wir uns auch nicht gegenseitig das Publikum wegzunehmen." Weniger sei manchmal mehr und die sprichwörtlichen Pauken und Trompeten würden an Weihnachten noch früh genug ausgepackt. "Im Advent muss man sich auch mal zurückhalten können und versuchen, den Blick auf die wesentlichen Dinge des Lebens zu lenken", meint Richter. Ganz dazu passt es, dass er mit seiner achtköpfigen Choralschola, die nur gregorianische Choräle singt, zweimal im Advent eine sogenannte Rorate-Messe begleitet, die nur bei Kerzenschein abgehalten wird, also ohne elektrisches Licht. Die letzte findet am Mittwoch vor Weihnachten statt. Trotzdem bereitet Richter schon jetzt eifrig den Festtag vor. Während für andere Menschen mit dem 24. Dezember der Weihnachtsstress endlich ein Ende findet, fängt für den Kirchenmusiker die Arbeit erst so richtig an."Ich gehe meistens so gegen 14 Uhr aus dem Haus und bin dann auch erst um Mitternacht wieder da", erzählt Richter. Drei Messen muss er an diesem Tag musikalisch begleiten, mit dem 35 Mann starken Kirchenchor von St. Apollinaris und einem Instrumentalensemble bringt er in der Grunewalder Christmette die "Messe de Minuit" von Marc-Antoine Charpentier zur Aufführung. "Das wird ein schöner Gottesdienst, sehr atmosphärisch, sehr dicht", freut sich Richter. Am ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag geht es für Richter dann weiter. Für die Messe am zweiten Weihnachtsfeiertag, dem Gedenktag des heiligen Stephanus, ist wieder ein größeres Werk, eine Messe von Anton Bruckner, unter der Mitwirkung des Kirchenchors von St. Michael geplant. Daneben müsse auch Raum für Gemeindegesänge sein. "Die Gemeinde liebt es, viele Weihnachtslieder zu singen, gerade auch die jüngeren Leute", bekräftigt Marcus Richter. Und wann feiert er selbst dann Weihnachten? "Ich bin eigentlich ganz froh, wenn ich mich zwischendurch mal ein bisschen ausruhen kann", gibt der Musiker zu und verrät seine heimliche - evangelische - Leidenschaft: "Eine Aufnahme von Bachs Weihnachtsoratorium werde ich sicher noch anhören - das ist für mich an Weihnachten ein Muss." Überhaupt ziehe er sich privat eher zurück. "Ich stehe immer sozusagen in der Öffentlichkeit und werde buchstäblich immer ,gehört', da stehe ich zu Hause nicht so gern im Mittelpunkt." Dafür sorgt auch sicher sein Sohnemann, den der geschiedene Vater regelmäßig an vier Tagen in der Woche betreut.

Nach dem zweiten Feiertag pausieren für Richter zumindest die Proben mit seinen Ensembles: Er leitet zwei Kirchenchöre, die Choralschola und zwei Kinderchorgruppen. Richtige Weihnachtsferien erwarten ihn jedoch nicht, denn auch nach Weihnachten ist er so wie an jedem Werktag für die musikalische Begleitung der täglichen Heiligen Messe zuständig. "Aber es steht nicht nur so in meinem Dienstvertrag, sondern ich habe mir das ja selbst ausgesucht", betont Richter. Die tägliche Messe sei für ihn ein Rhythmusgeber und fehle ihm, wenn er mal einige Wochen lang Urlaub mache. Die Heilige Messe habe ihn bereits als Kind fasziniert, besonders die liturgischen Abläufe und die geheimnisvolle Sprache: "Als ich Kind war, wurde bei uns die Messe teilweise noch auf Lateinisch zelebriert!"

(evb)
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